Ewiger Ringelpulli: Jazzmusiker Pat Metheny wird 60

Berlin (dpa) - Die Musik zeitlos, der Musikant ergrauend. Macht nichts.

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Pat Metheny - Lockenpracht wie ehedem, nur der notorische Ringelpulli spannt inzwischen ein wenig - gibt bis heute auf der Bühne, was die nicht minder ergrauenden Fans erwarten: Im Solo entrückt, Augen geschlossen, Finger auf den Gitarrenseiten, die dem menschlichen Auge enteilen. Pat Metheny, einer der wichtigen, stilbildenden Gitarristen des modernen Jazz, wird 60 (12. August).

Auch sein jüngstes Projekt, die Pat Metheny Unity Group, zeugt von Ideen und spielerischer Kraft. Die Tour in diesem Jahr und die dazu gehörende Scheibe „Kin“ haben viel Lob bekommen. Metheny, dessen manchmal gefälliger Katalog auch in Kaufhausfahrstühlen, Zahnarztpraxen und Wellnessoasen zu hören ist, hat eine - auch ihn - fordernde Gruppe um sich geschart: Saxofonist Chris Potter, Bassist Ben Williams, Schlagzeuger Antonio Sanchez und Multiinstrumentalist Guilio Carmassi. Im Studio und auf der Bühne spielen sie souverän, was Jazz in den vergangenen fünf Jahrzehnten dem Publikum an Richtungen gewiesen hat. Und uneitel mitten drin: Der Meister.

Früh ist Patrick Bruce Metheny im Geschäft. Geboren in Lee's Summit bei Kansas City (Kansas hat schon mit Altsaxofonist Charlie „Bird“ Parker (1920 - 1955) einen der Allergrößten des Jazz hervorgebracht). Pat ist Spross einer musikalischen Familie. Erstes Instrument mit acht: Die Trompete. Dann die Bestimmung mit zwölf: Die Gitarre. Mit fünfzehn schon geht es mit den Gigs in der lokalen Szene los. Geschult in der Band des Vibraphonspielers Gary Burton gibt Metheny 1976 mit „Bright Size Life“ sein Debüt als Bandleader - die Scheibe hat noch immer Charme.

Es ist auch dem US-Komponisten und -Arrangeur Richard Niles zu verdanken, dass Metheny Anfänge und Einflüsse in einem BBC-Dreiteiler erklärt. Die Beatles, der Picasso-gleiche Jazz-Trompeter Miles Davis und Wes Montgomery, der wohl größte Jazz-Gitarrist überhaupt, sind die Fixsterne seines ersten musikalischen Universums. Und technisch in der Lage, dem Idol nachzueifern, sieht er doch, dass er einen eigenen Weg gehen muss: „Ich habe Wes so sehr geliebt, dass klar war, dass es respektlos ist, so sehr wie jemand anderes zu klingen.“

Und folgerichtig verschiebt Metheny seine Grenzen, verschreckt die Gefolgschaft, macht schlicht, was er will. Da geht er mit einer Musik-Maschine auf Tournee („Orchestrion“/2010), spielt mit Ornette Coleman, einem Gottvater der Free-Jazzer („Song X“/1986), gibt der polnischen Sängerin Anna Maria Jopek sein Backup („Upojenie“/2002). Metheny schreibt Filmmusiken: „The Falcon and the Snowman“ - David Bowie singt „This Is Not America“/1985 - und „Passaggio per il Paradiso“ (1997) gehören dazu.

Eine der vielleicht schönsten Scheiben - zum Mitnehmen auf die Insel - hat Metheny mit dem jüngst gestorbenen Bassisten Charlie Haden eingespielt: „Beyond the Missouri Sky“ (1997). Die Freunde hatten immer wieder in wechselnden Besetzungen zusammen gespielt.

Doch gemeinsam zeigen sie, welcher Poesie sie fähig sind. Magische Songs, anrührend, swingend - wie „The Moon is a Harsh Mistress“: zeitlos eben.