First Aid Kit: Der Duft von Sonne, Staub und Weizenfeld
Die Folk-Band First Aid Kit macht Musik wie vor 50 Jahren. Unterstützt wird sie dabei von keinem Geringeren als Conor Oberst.
Düsseldorf. Ein Blick ins digitale Fotoalbum: Zu sehen sind zwei junge Frauen, die eine blond und mittelgescheitelt, die andere brünett, mit Pony. Zu sehen sind außerdem: Blumenkränze, wallende Hippie-Kleider, Tonträger von Simon & Garfunkel, Leonard Cohen, Townes van Zandt. Keine Frage: Hier sind zwei, die Kunst und Mode der 60er lieben.
Sie selbst sind Kinder der 90er. Klara (21) und Johanna (23) Söderberg von First Aid Kit kommen aus Stockholm und machen amerikanische Musik wie vor 50 Jahren. Eine Mischung aus harmonieseligem Folk, Country und Pop. Mit Gitarre, Keyboard, Percussion und ihren warmen Stimmen. Kommende Woche erscheint ihr drittes Album „Stay Gold“ (Label: Sony Music). Und sicher ist bereits: Es wird ihr bislang größter Erfolg.
Die Geschichte von First Aid Kit ist — wie so oft bei jungen Bands des 21. Jahrhunderts — nicht ohne das Internet denkbar. Als Klara und Johanna 2008, gerade mal 15 und 18 Jahre alt, ein Cover des Fleet-Foxes-Liedes „Tiger Mountain Peasant Song“ auf die Video-Plattform Youtube stellen, erregt das großes Aufsehen. Zwei Mädchen in Holzfäller-Hemden, stupsnasig, unbedarft, schüchtern, mit Stimmen, die viel reifer klingen. Millionen Klicks und euphorisierte Musikblogs sind die Folge. Und so ist die Geschichte von First Aid Kit auch bald schon eine Geschichte prominenter Fürsprecher.
Ihre erste EP wird 2008 bei dem The-Knife-Label „Rabid Records“ veröffentlicht; später stehen die Schwestern mit Jack White (The White Stripes), Patti Smith und Conor Oberst (Bright Eyes) auf der Bühne. Jeder Auftritt für sich kommt einem Ritterschlag gleich. Später lädt Oberst die beiden ins Studio ein, geht erneut mit ihnen auf Tour, und sein Bandkollege Mike Mogis produziert ihr zweites Album „The Lion’s Roar“ (2012). Ein Album, das First Aid Kit den internationalen Durchbruch, Platz eins der heimischen Charts und 2013 vier Mal den schwedischen Musikpreis Grammis beschert. Das Country-Liebeslied „Emmylou“ wird vom „Rolling Stone“ zu einer der besten Singles des Jahres gewählt.
„Wir waren schon lange Zeit Fans von Conor Oberst. Als er dann mit Monsters Of Folk in Schweden auftrat, gelang es uns, hinter die Bühne zu kommen und Conor unsere erste Platte zu geben. Ein Jahr später traten wir in Austin auf, und er kam zu unserer Show und sagte, dass er sie toll fand“, erzählt Johanna.
Auch für „Stay Gold“ arbeiteten sie wieder mit Oberst und Mogis in Omaha zusammen.
„Nothing Gold Can Stay“ schrieb der amerikanische Dichter Robert Frost 1923. Nichts bleibt für immer. Eine Erkenntnis, die sich First Aid Kit auf ihrem Album zu eigen machen. „Ich hab’ mir einen Gedicht-Sammelband genommen und gedacht: Ich schlage ihn auf und schaue, ob ich darin irgendetwas finde, das mich inspiriert. Ich stieß sofort auf ,Nothing Gold Can Stay’. Es war buchstäblich das Erste, was ich sah, und es war einfach nur perfekt“, sagt Klara.
Zumindest eines steht fest: Die Musik der beiden Schwedinnen wird ihren goldenen Glanz, den Duft von Sonne, Staub und Weizenfeldern so bald nicht verlieren. Sie ist zeitlos. Genauso wie der Hippie-Chic der 60er.