Folkrock-Frauenpower: Zuverlässig gut
Berlin (dpa) - Es gibt Dinge, auf die kann man sich verlassen. Etwa darauf, dass altgediente Folkrock-Recken wie The Walkabouts, Cowboy Junkies oder Shelby Lynne einfach keine schwache Platte machen. So auch in diesem Herbst.
Ende Oktober stehen drei neue Alben dieser hoch respektierten Indie-Künstler in Deutschland in den Läden, und alle sind zuverlässig gut geworden. Vor allem sind es drei tolle Sängerinnen, die diesen ausgereiften Songsammlungen Stempel aufdrücken.
Bei THE WALKABOUTS ist es Carla Torgerson, die im Wechselspiel mit dem eher raukehligen Band-Boss Chris Eckman den Sound von „Travels In The Dustland“ prägt. Zuletzt hatte sich die seit mehr als 20 Jahren aktive Band aus Seattle rar gemacht - und damit auch Torgerson.
Es ist also eine Freude, ihre warmen Folk-Vocals bei diesem überzeugenden Comeback nach sechs Jahren wiederzuhören. Wenn diese wunderbare Sängerin zu tieftraurigen Piano-Tropfen, anschwellenden Streichern und im Hintergrund zerrender E-Gitarre „They Are Not Like Us“ seufzt, ist das Melancholie pur und rührt ans Herz.
Andere Songs wie das treibende „Thin Of The Air“ klingen weniger zerbrechlich. Jedes der elf „Dustland“-Lieder wurde vorzüglich arrangiert und produziert - wie man es von diesem US-Sextett gewohnt ist. Aber letztlich ist diese schöne Frauenstimme, die den Hörer umgarnt, der entscheidende Trumpf eines routinierten Albums.
Während die Walkabouts weitgehend auf vertrautem Gelände unterwegs sind (dies aber auf höchstem Songwriting-Niveau), hat es die COWBOY JUNKIES vom Alternative Country und Folkpop in rauere Gefilde verschlagen. Aber auch wenn die Gitarren noch so ruppig grummeln und sägen, so ist es doch die großartige Stimme von Margo Timmins, die auch „Sing In The Meadows“ wieder zu einem Ereignis macht.
Das dritte Album der im Vorjahr gestarteten Cowboy-Junkies-Reihe „The Nomad Series“ ist ein harter Brocken für alle Fans des entschleunigt-ätherischen Wohlklangs, den diese kanadische Band seit rund 25 Jahren pflegt. Captain Beefheart, Miles Davis, The Birthday Party oder Neil Young & Crazy Horse werden diesmal als Bezugspunkte genannt.
Und in der Tat wird mit psychedelischem Lärm und schroffen Dissonanzen nicht gegeizt. Michael Timmins tobt sich an den sechs Saiten aus wie nie zuvor und lässt über teils monotone Hardrock- und Blues-Schemata seine Riffs splittern.
Der souveräne Gesang seiner Schwester droht jedoch auch im wildesten Feedback-Gewitter nie unterzugehen. So hört man diese acht ausufernden Jams als interessante neue Facette des Sounds der Cowboy Junkies - und als Basis für Margo Timmins, ihre überragenden Qualitäten auch als Bluesrock-Sängerin unter Beweis zu stellen.
SHELBY LYNNE hat bereits einen Grammy und viele andere Auszeichnungen für ihre sensible Vokalkunst errungen. Nach dem triumphalen Dusty-Springfield-Tribute „Just A Little Lovin'“ (2008) und zwei Alben auf ihrem eigenen Label wird sie auch mit „Revelation Road“ dem Ruf als eine der größten Stilistinnen ihrer Generation gerecht.
Der Titelsong gibt mit seinem entspannten Südstaaten- und Gospel-Feeling den Kurs vor, auf dem der 43-Jährigen kein einziger Fehltritt unterläuft. Obwohl zurückhaltend instrumentiert mit Piano, Gitarre und Besenschlagzeug, glühen diese elf Lieder vor Gefühl und souliger Intensität.
Lynne hat es nicht nötig, mit eitler Vokalakrobatik aufzuschneiden - gleichwohl strahlt ihre Stimme eine Selbstsicherheit aus, die sich nur wirklich gute Sängerinnen leisten können. Im Spektrum zwischen Pop, Country-Folk und jazzigen Torchsongs (das wunderschöne „Lead Me Love“!) würde man der Amerikanerin einen Massenerfolg wie bei der ähnlich orientierten Norah Jones von Herzen gönnen.