Interview Musik, die berührt – bis heute
Mönchengladbach · Im Juni gibt die Band Fury in the Slaughterhouse eine Reihe Open-air-Konzerte in ganz Deutschland. Die WZ sprach mit Sänger Kai Wingenfelder über die kommende Tour.
Herr Wingenfelder, nach der Auflösung von Fury in the Slaughterhouse gab es vereinzelte Auftritte und Reunion-Konzerte zum 30. Bandgeburtstag. Nun spielen Sie im Sommer eine Open-Air-Tour quer durch Deutschland. Gab es einen besonderen Anlass oder haben Sie einfach Lust, wieder einmal zusammen auf der Bühne zu stehen?
Kai Wingenfelder: Der besondere Anlass ist, dass wir Spaß daran haben, wieder einmal zusammen auf der Bühne zu stehen. Wir hatten uns vorgenommen, nach der Trennung der Band alle fünf Jahre eine Art Klassentreffen zu machen und hatten 2013 eine Art Testballon. Das lief ganz gut, aber irgendwas passte nicht. Mit einem neuen Management, den Jungs von Wacken, haben wir dann 2017 unsere Konzerte zum 30-jährigen Bandjubiläum absolviert. Und da war etwas anders: Wir haben den Spaß wiedergefunden. Und das ist bis heute geblieben.
Müssen Sie für die kommende Tour eigentlich vorher zusammen üben? Oder trifft man sich und alles ist wie früher?
Wingenfelder: Christof (Gitarrist Christof Stein-Schneider, Anm. d. Red.) könnte man sicher nachts um drei Uhr wecken und ihn bitten „Time to Wonder“ zu spielen. Das kann er im Schlaf. Was auch kein Wunder ist, wenn man solche Stücke in 30 Jahren immer wieder spielt. Nichtsdestotrotz proben wir natürlich. Das hat auch etwas mit dem Dienst an den Fans zu tun. Da soll schließlich keine Schrammelgruppe auf der Bühne stehen.
Gibt es eine Location, auf die Sie sich besonders freuen?
Wingenfelder: Mit dem Amphitheater in Trier oder Schloss Oranienburg sind da sicher einige außergewöhnliche Lokalitäten dabei. Aber die schönsten Erinnerungen habe ich an den Hockeypark (heute Sparkassenpark, Anm. d. Red.) in Mönchengladbach. Die Stimmung war der Hammer, die Leute sind ausgerastet. Wir hatten so einen Spaß mit allen zusammen. Die Location quer mit großer Bühne zu bespielen ist einfach Wahnsinn. Wir werden in diesem Jahr in Mönchengladbach auch zwei Vorbands, die man dort kennt, mitbringen und wollen dann richtig mit den Fans feiern.
Was steht bei den Konzerten auf der Setlist? Die Klassiker für die Fans? Oder vielleicht noch eine Überraschung?
Wingenfelder: Es wird sicher die eine oder andere Überraschung geben. Aber es muss niemand Angst haben, dass das Konzert nur aus Überraschungen besteht. Wir werden natürlich auch die Klassiker spielen, die die Leute lieben und hören wollen. Uns machen dieses Songs ja auch Spaß.
Generationen von Schulabgängern haben in den 90er-Jahren zu Fury-Songs ihren Abschied gefeiert. Macht das etwas mit einem als Musiker, zu wissen, dass die eigene Musik eine solche Bedeutung für Menschen hat, dass sie die Songs für wichtige Ereignisse im Leben wählen? Und diese Menschen vielleicht als jetzt Erwachsene vor der Bühne zu wissen?
Wingenfelder: Der größte Erfolg den ich hatte, ist es, Musik gemacht zu haben, die die Leute berührt hat. „Won’t forget these days“ lief regelmäßig bei Hannover 96 im Stadion, „Dead an gone“ wurde bei Beerdigungen gespielt, zu „Time to wonder“ wurden Kinder gezeugt. Und noch heute nutzen zahlreiche Schulabgänger unsere Songs für ihren Abschluss. Darauf bin ich stolz. Und freue mich, die Schulabgänger von damals heute vor der Bühne zu sehen – zusammen mit deren Kindern.
Nach der Trennung von Fury in the Slaughterhouse haben Sie eigene Projekte verwirklicht. Pausieren diese jetzt oder läuft das parallel – das neue Album von Wingenfelder soll am 8. Mai erscheinen?
Wingenfelder: Grundsätzlich würden diese Projekt parallel laufen. Allerdings haben wir aufgrund der aktuellen Situation die Albumveröffentlichung sowie die anschließende Wingenfelder-Tour im Mai verschoben. Die Menschen haben gerade andere Sorgen, als auf fröhliche Songs von uns zu warten. Und man kann auch über Social Media mit den Fans in Kontakt bleiben. Wir sind auf der Suche nach neuen Terminen, auch wenn das in diesem Jahr schwierig ist, weil gerade alle Konzerte verschieben. Aber auch die Wingenfelder-Tour wird eines Tages stattfinden. Wir müssen mit allem rechnen – auch mit dem Guten.
Wenn Sie an früher denken: Worauf legen Sie heute bei Ihrer Musik besonderen Wert? Auf die musikalischen Feinheiten oder die Aussage?
Wingenfelder: Da hat sich gar nicht so viel verändert. Die Aussage war uns schon immer wichtig. Mit Christof bin ich ja das politische Sprachrohr der Band gewesen. Wichtig ist, dass die Musik berührt. Für mich ist Musik machen Bauch und Kopf. Kopf ist der Text, Bauch die Musik.
Und wie sieht es vielleicht doch noch einmal mit einem neuen Album von Fury in the Slaughterhouse aus?
Wingenfelder: Komplett ausgeschlossen ist gar nichts. Wir treffen uns und machen Musik zusammen und schauen einfach mal. Im Gegensatz zu früher haben wir einen entscheidenden Vorteil: Wir können, aber wir müssen nicht. Das ist eine Luxusposition, die aber auch dafür sorgt, dass wir gemeinsam so viel Spaß haben.
Es hieß, dass Sie 2022 zum 35-jährigen Bandjubiläum noch einmal zusammenkommen. Jetzt wurde es doch früher. Hat das auf die ursprünglichen Pläne einen Einfluss?
Wingenfelder: 2022 wird etwas kommen. Ganz bestimmt.
Gibt es denn etwas, dass Sie ganz speziell noch unbedingt mit Ihren Bandkollegen von Fury in the Slaughterhouse erleben wollen?
Wingenfelder: Ein Leben nach Wacken? Das wird schwierig. Ich könnte jetzt sagen, noch mal ein Nummer-Eins-Hit, das wäre schön. Aber das ist mir gar nicht mehr so wichtig. Wichtig ist mir, dass wir uns nicht wieder verlieren, wie es nach der Trennung 2008 ein bisschen gewesen ist. Das wäre schade. Es sind ja meine Freunde. Mehr als die Hälfte eines Lebens habe ich mit diesen Menschen verbracht – in WGs und auf kleinen und großen Bühnen. Ich möchte das sie weiter ein wichtiger Teil eines Lebens sind.
Termin: Mit der neuerlichen Ausweitung des Veranstaltungsverbotes bis einschließlich 31. August 2020, kann die für den Zeitraum Juni bis September 2020 geplante Open Air-Tournee nicht stattfinden und muss auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden. Das ursprünglich für den 13. Juni 2020 geplante Konzert im SparkassenPark Mönchengladbach wird auf den 12. Juni 2021 verschoben. Alle bereits erworbenen Tickets behalten für den Ersatztermin ihre Gültigkeit. Infos zu den Fury-Konzerten in anderen Städten sowie diese Ersatztermine gibt es unter www.facebook.com/semmelconcerts
Karten für den neuen Termin gibt es unter