Körper-Kult Godfather of Punk: Iggy Pop wird 70
New York (dpa) - Dieser Oberkörper. Sehnig, vernarbt, gegerbt und fast immer trägt ihn Iggy Pop stolz nackt zur Schau, dabei wird der Musiker am diesem Freitag (21. April) 70 Jahre alt.
Als den „am besten wiedererkennbaren Körper der Popkultur“ feierte ihn der britische Künstler Jeremy Deller jüngst und lud für eine Ausstellung im Brooklyn Museum 53 Kollegen zu einem Aktmalkurs mit Iggy Pop als Model. Der Oberkörper des „Godfather of Punk“ sei ein „Schlüssel zum Verständnis von Rockmusik“.
Es gebe kein vorgeschriebenes Alter, ab dem man seinen Oberkörper nicht mehr nackt in der Öffentlichkeit zeigen dürfe, sagte der Sänger, der nach Jahrzehnten in New York inzwischen in Miami lebt, jüngst dem „Rolling Stone“. „Und die Öffentlichkeit kann mich sowieso mal.“ Sein 70. Geburtstag sei „aufregend“, aber seine Partys sind es heutzutage nicht mehr. „Wahrscheinlich werde ich mit meiner Frau zu Abend essen, bei gedämmtem Licht, wo wir nah beieinander sitzen können. Und wenn ich Glück habe, gehe ich an den Strand. So stelle ich mir eine wilde Zeit vor.“
Drogen, Alkohol, Zigaretten - all dem hat Iggy Pop nach Jahrzehnten des Exzesses inzwischen abgeschworen. „Spät im Leben habe ich eine wunderbare Beziehung zu meinem Körper entwickelt. Allein der Gedanke an Marihuana macht mir inzwischen Angst.“ Sein „Vorbild“ Keith Richards von den Rolling Stones sei da anders. „Er ist viel unkaputtbarer als ich. Ich kann mit ihm nicht mehr mithalten, ich kann keine Zigaretten mehr rauchen.“ Anstelle dessen treibt er Sport und tritt immer noch auf. Erst 2016 kam das bislang letzte Album „Post Pop Depression“ heraus, für 2017 sind Festivalkonzerte in Nordamerika und Europa angekündigt.
Seine destruktivsten Jahre hat Iggy Pop überlebt und ist immer noch dabei, anders als viele seiner Kollegen. „Ein Teil der Erfahrung in meinem Alter und besonders in meiner Branche ist, dass ich die Namen von so vielen Leuten auflisten könnte, mit denen ich gesoffen habe, und dann natürlich alle außer einem in meiner Band, die von uns gegangen sind. Natürlich denke ich dann auch an mich.“
Geboren wurde Iggy Pop 1947 als James Newell Osterberg in eine ärmliche Wohnwagensiedlung in Michigan hinein. „Es war wahnsinnig klein und ich habe erst später realisiert, was das mir beigebracht hat“, sagte er der „New York Times“. „Ich habe Harmonie mit anderen Menschen gelernt und das war essenziell. Erst als ich in die große Welt hinausging, habe ich realisiert, dass die nicht so ist.“
Iggy Pop, der den Spitznamen von seiner Highschool-Band The Iguanas (Die Leguane) hat, war schon Punk, als es Punk noch gar nicht gab. Statt Liebe, Frieden und Gemeinsamkeit besangen er und seine Band The Stooges Ende der 1960er Jahre Langeweile und Frustration seiner Generation. Bei seinen Bühnenshows demonstrierte er, dass ihn nur Schmerzen aus der Langeweile befreien konnten: Er robbte nackt durch Glassplitter, schmierte sich mit Erdnussbutter voll, goss heißes Wasser über seine Hose und taumelte blutend von der Bühne.
Auf Dauer hielt „The Ig“ das nicht durch und immer wieder verschwand er von der Bildfläche, auch in den Drogenentzug. Aber immer wieder schob ihn sein bester Freund David Bowie zurück auf die Bühne. Gemeinsam produzierten sie mehrere Alben: „The Idiot“ (1977) mit dem gemeinsam geschriebenen, späteren Bowie-Hit „China Girl“, „Lust For Life“ (1977) mit dem Disco-Dauerbrenner „The Passenger“ und die Live-LP „TV Eye“ (1978). Den ganz großen Erfolg landete Iggy Pop 1987 mit der Cover-Version von „Real Wild Child“. Es war seine erste Top-Ten-Platzierung.
Geld hat er mit alldem lange nicht verdient. „In den 80ern wurde ich so langsam flüssig, dann hatte ich meine erste Wohnung im East Village. In den 90ern hatte ich nicht viel. Ich erinnere mich daran, wie ich im Winter 1990 gefroren habe, weil die Heizung nicht funktionierte. Aber im 21. Jahrhundert hat sich alles geändert. Das ist ein guter Spannungsbogen.“
Seine Siebziger geht Iggy Pop bescheiden an. „Ich erwarte nicht, dass ich bald ein neues Album machen werde, aber vielleicht kann ich etwas singen, sprechen oder schreiben. Ich möchte einfach weiter arbeiten und auf diese Welt um mich herum reagieren, es genießen, Zeuge dieser wunderschönen Erde zu sein. Ich mag die Natur. Und ich hoffe, dass ich für die Menschen, die auf mich angewiesen sind, von Nutzen sein kann.“