Hans Liberg im Interview: "Deutschen ist die Musik wichtig"
Der Klavierkomiker Hans Liberg über musikferne Holländer, den Lärm des Publikums und die Volksmusik bei Mozart.
Amsterdam. Wäre es nach seinem Sohn gegangen, hätte das Publikum von Hans Liberg heute wohl kaum etwas zu lachen. „Du spielst so schön Klavier, aber warum redest du immer dazwischen?“ hat der vierjährige Knirps den Vater verständnislos gefragt. Nun hätte der Musikwissenschaftler zwar durchaus auch sein Studium der Konzerte von Beethoven oder Ravel vertiefen können.
Doch der Niederländer hatte schon immer mehr Spaß daran, Menschen mit Musik zum Lachen zu bringen. Und so spielt der 57-jährige Humorvirtuose auch in seinem Programm „Ick Hans Liberg“ wieder bestenfalls ein paar Takte eines bekannten Werkes an — um dann nahtlos in den Klassiker einer anderen Epoche zu wechseln.
Herr Liberg, Ihrem Programm liegt Ihre gleichnamige Autobiografie „Ick Hans Liberg“ zugrunde. Normalerweise schreiben Menschen so etwas ja erst nach ihrer beruflichen Karriere.
Liberg: Aber vielleicht bin ich dann gar nicht mehr da.
Trotzdem: Warum schon jetzt solch ein Lebensrückblick?
Liberg: Um ein bisschen darüber nachzudenken — und wenn man dann schreibt, wird einem vieles klarer. Zudem sind meine Eltern inzwischen 87 Jahre alt, und da muss ich jetzt Fragen stellen, sonst ist es zu spät.
Mittlerweile spielen Sie Ihr Programm ja auch in England und Frankreich — wie unterscheiden sich die Reaktionen des Publikums?
Liberg: Schwer zu sagen — die Musiker des Trios, das mich begleitet, spielen zum ersten Mal in Deutschland und sind erstaunt über den Lärm des Publikums hier. Bei uns in Holland wird auch gelacht, aber hier wird ja regelrecht gebrüllt. Ich denke, das hat auch etwas mit der deutschen Mentalität zu tun: Das soll genossen werden, das soll ein Superabend werden.
Und wo zünden Ihre musikalischen Witze besonders gut?
Liberg: In Deutschland habe ich den glücklichen Zufall, dass hier die Musik sehr wichtig ist — viel wichtiger als für die Holländer. Es läuft ein Musik-Meridian um die Welt — und der geht leider nicht über Holland, wir sind kein so musikinteressiertes Volk.
Dabei gibt es doch sehr prominente Orchester in den Niederlanden.
Liberg: Aber der deutsche Konsument weiß mehr von Musik als der holländische. Von Beethoven kennt er noch drei weitere Stücke neben der fünften Sinfonie und „Für Elise“. Doch der Holländer hat noch nie davon gehört, dass es auch noch eine siebte Sinfonie gibt. Die Deutschen haben ein größeres Wissen: Wenn ich da musikalische Pointen mache, dann kommt das besser an.
Nun wissen die Deutschen nicht nur mehr über Musik, wie Sie sagen, sondern Sie trennen auch zwischen U- und E-Musik — wo ordnen Sie sich ein?
Liberg: Ich bin mit klassischer Musik aufgewachsen, weil meine Großmutter Klavier gespielt hat, aber auch mit Popmusik. Und ich kannte alle diese Hausfrauen-Musikprogramme im Radio auswendig. Insofern habe ich von beiden Seiten etwas — was sich ja eigentlich auch so gehört: Mozart hat auch Volksmusik gehört und diese auch benutzt. Wir wissen heute nur nicht mehr, welche Melodien das gewesen sind.
Für Sie und Ihr Programm ist diese strikte Trennung aber eher von Vorteil, oder?
Liberg: Ja, einfach weil man die Musik hier so schätzt. Und wenn dann ein Holländer kommt und versucht, mit Stil Humor und Musik zu verbinden, dann kommt das gut an. Nicht zuletzt, weil wir Holländer hierzulande den Ruf genießen, locker zu sein und scheinbar zu improvisieren, als ob wir das alles nicht vorbereitet hätten — was einem Deutschen nie passieren würde.
Und doch werden die Holländer hierzulande geliebt — sei es nun ein Rudi Carrell, eine Linda de Mol oder eben auch Sie.
Liberg: Deshalb fühlen wir uns hier auch so wohl, denn hier werden wir gefeiert. In Holland dagegen gibt es immer etwas zu meckern. Wenn du es geschafft hast, dann musst du in Holland aufpassen — hier kannst du stolz darauf sein.