Helene Fischer gewinnt vier Echos

Berlin (dpa) - Es war eine Gala der gemischten Gefühle: Noch eben hatte der ARD-„Brennpunkt“ über neue Einzelheiten zum Flugzeugabsturz in den französischen Alpen berichtet. Nur eine Schweigeminute und einen Udo-Jürgens-Hit später dann Show-Routine.

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Bei der 24. Echo-Verleihung in Berlin wollte am Donnerstagabend aber die Party nicht so richtig in Gang kommen. „Eher in Moll“ sei er gestimmt, sagte Herbert Grönemeyer, der seine Trauer nicht verbergen wollte. Das Entsetzen lag wie ein Schleier auf der Show in den Messehallen.

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Zwei Tage nach der Tragödie wollte sich die Musikbranche selbst feiern. Doch über fast dreieinhalb Stunden wandelten Deutschlands Schlager- und Pop-Größen auf dem schmalen Grat zwischen Erschütterung und Vergnügen. Es war klar, dass die Gala reagieren musste. 150 brennende Kerzen erinnerten an die Toten. Und es überwogen die gedeckten Töne. Ob im Hosenanzug wie Helene Fischer oder im schwarzen Leder-Look wie Moderatorin Barbara Schöneberger - allzu Grelles oder Buntes wäre an diesem Abend unangemessen gewesen.

24. Echo-Preisverleihung in Berlin
24 Bilder

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Schon als sich die Stars und Halbpromis vor der Sponsorentafel den Fotografen stellten, war das Unfassbare ihr Begleiter. „4U9525 - In stiller Anteilnahme“ stand auf schwarzem Hintergrund unter dem Logo von Germanwings, einem der Echo-Sponsoren. Auch draußen war die Stimmung gedämpfter als sonst. Nur wenige kreischende Fans vor der Halle. Die Fahnen wehten auf halbmast.

Dabei mühte sich eine aufgedrehte Schöneberger, die Zuschauer bei Feierlaune zu halten. Sie lobte das Kassengestell der „sparsamen“ Griechin Nana Mouskouri (80), die einen Preis fürs Lebenswerk bekam, und erklärte dann die „Helene-Fischer-Festspiele“ für eröffnet.

Tatsächlich war es die Nacht von Deutschlands Schlager-Königin. Sie heimste gleich alle vier Preise ein, für die sie nominiert war. Die Sängerin könne ja gleich Show und Moderation übernehmen, frotzelte Schöneberger. Sie selber könne dazwischen als „Puffer“ auftreten. Übrigens: Mit im Schnitt 3,39 Millionen Zuschauern hatte der Echo in diesem Jahr mit Schöneberger statt Fischer als Moderatorin etwa 800 000 weniger als 2014.

Fischers „Farbenspiel“ wurde zum zweiten Mal in Folge Album des Jahres. Es klang fast entschuldigend, als die Sängerin sagte, sie habe die Menschen nicht gezwungen, ihre Platte zu kaufen. Später holte sie den Schlager-Echo ab, den Preis für den Hit des Jahres („Atemlos durch die Nacht“) und noch den DVD-Preis. „Bitte nicht über die Echos von Helene stolpern“, sagte Schöneberger am Ende.

Der emotionale Höhepunkt wurde wohl gleich am Anfang erreicht. Acht Künstler, von Udo Lindenberg bis Adel Tawil, von Grönemeyer bis Xavier Naidoo erwiesen Udo Jürgens posthum eine Ehre. Ganz in Schwarz stimmten sie seinen Hit „Ich weiß, was ich will“ an.

Eine Hommage an Verstorbene erinnerte auch an die Musiker, die in der Germanwings-Maschine reisten: den Bassbariton Oleg Bryjak und die Altistin Maria Radner. Beide Sänger waren mit ihrem Baby auf dem Rückweg von einem Gastspiel in Barcelona.

Und als Nana Mouskouri den Echo fürs Lebenswerk entgegennahm, wurde es kurz rührig. „Ich möchte Ihnen danken, dass Sie mich in Ihrer musikalischen Familie aufgenommen haben“, sprach die Griechin gerührt zu den Deutschen. „Ich bin eine europäische Sängerin.“

Einige Momente großer Freude gab es schließlich auch, etwa als Newcomerin Oonagh („Oonagh“) ihre beiden Echos gewann - als beste deutsche Rock-Pop-Künstlerin und Newcomer (Nachwuchstalent). Hinter dem Namen verbirgt sich die Sängerin Senta-Sofia Delliponti (24).

Doch bei manchem überwog schließlich doch der Zweifel, ob es der richtige Moment zum Feiern war. Jan Josef Liefers, diesmal nicht als Schauspieler, sondern als Musiker dabei, war nachdenklich gestimmt: „Ich habe Zweifel, ob hier heute Abend wirklich die Korken fliegen.“