Helge Schneider: „Inspiration finde ich überall“
Dresden (dpa) - Entertainer Helge Schneider lässt seine Fans nicht länger warten. An diesem Freitag (9. August) erscheint seine neue Platte „Sommer, Sonne, Kaktus!“. Multiinstrumentalist Schneider hat alle Instrumente selbst eingespielt.
Im Herbst folgt ein weiterer Neuling - der Film „00 Schneider - Im Wendekreis der Eidechse“. Außerdem ist er mit einer neu zusammengestellten Band auf Tour. Die Nachrichtenagentur dpa sprach mit dem 57 Jahre alten Künstler über Vorbilder, Inspirationsquellen und Kommissare.
Frage: Wo und wie ist Ihre neue Platte entstanden?
Antwort: Ort der Inspiration war Andalusien. Da habe ich ein kleines Häuschen, in einem Dorf. In meinem Garten wachsen Kakteen. Ich habe die Platte mit einem Mikrofon und einem Acht-Kanal-Gerät aufgenommen. Zuerst die Gitarre, das war der Ausgangspunkt. Dann kam der Gesang, nachher die anderen Instrumente. Die sollen ja dem Sänger nicht hereinpfuschen, denn der Sänger ist der Chef. Mit dem Chip aus dem Aufnahmegerät bin in nach Hause geflogen und habe die Platte in meinem Studio in Mülheim abgemischt. Beim anschließenden Mastering wurde das verfeinert. Ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis.
Frage: Die Platte enthält Coverversionen jazziger Klassiker wie „Mr. Bojangles“, „Somewhere Over The Rainbow“ oder „It Ain't Necessarily So“. Haben Sie sich damit einen alten Traum erfüllt?
Antwort: Ich bin jetzt in einem Alter, wo ich abgeklärt bin, auch musikalisch. Deshalb kann ich es verantworten, auch mal auf Englisch zu singen. Ein Amerikaner würde das vielleicht gar nicht verstehen. Aber ich kann das gut verstehen. Beispiel „Somewhere Over The Rainbow“. Das klingt in vielen Versionen zu glatt, zu amerikanisch, zu viel Showbiz und so. Bei mir klingt das anders.
Frage: Wo liegen Ihre Inspirationsquellen?
Antwort: Ich lasse mich von allem Möglichen inspirieren. Wer in die Gegend kommt, in der die neue CD entstand, würde diesen Anblick in der Musik wiederfinden. Sie klingt so, wie es dort aussieht. Inspiration finde ich überall. Man muss nur genau hingucken, es ist alles schon da - auf der Straße, in den Zeitungen, im Bewusstsein der Leute.
Frage: Sind Sie ein politischer Mensch?
Antwort: Ich würde mich nicht erdreisten, in der Politik eine Stimme haben zu wollen. Meine Stimme bin ich selber. Ich erreiche sehr viele Leute mit dem, was ich mache. Das ist auch Politik.
Frage: Sie bedienen mit Musik, Film oder Hörspielen ganz unterschiedliche Genres. Gibt es da eine Rangfolge?
Antwort: Ganz oben steht der Live-Auftritt. Das ist meine Arbeit. Dann kommt vielleicht schon der Film. Musikaufnahmen gehen damit einher. Die Songs aus meinem ersten Film „Johnny Flash“ singe ich heute noch. Der Film ist also nicht so weit weg von der Bühne. Auf der Bühne kann man 1:1 für das Publikum da sein, im Film ist eine lange Vorarbeit notwendig. Da ist es schwer, spontan zu sein. Die Schallplatte ist wieder eine ganz andere Sache. Dass ich bei der neuen Platte alle Instrumente spiele, war am Ende zwangsläufig. Mit einer Band zu proben und im Studio einzuspielen, das ist nicht mein Ding. Da habe ich keine Geduld dazu.
Frage: Welche Regisseure und Schauspieler beeinflussen Sie bei ihren Filmen?
Antwort: Jerry Lewis und Charlie Chaplin. Jerry Lewis war auch Perfektionist. Chaplin hatte die Möglichkeit, viel Filmmaterial zu verballern, und hat daraus tolle Filme machen können. Der hat eine Szene 40 mal gedreht. Diese Zeiten sind vorbei. Ein Film, der bei mir mit 2,7 Millionen Euro vergleichsweise billig ist, würde sonst das 20-fache kosten. Vom Typ her bin ich nicht wie Charlie Chaplins Tramp. Ich bin eher Buster Keaton, Peter Sellers oder Peter Falk.
Frage: Sie spielen gern den Kommissar, schreiben auch Krimis. Ist der Kommissar ein Kindheitstraum?
Antwort: Nein. Aber Filme mit Kriminalisten bleiben bei mir hängen. Alain Delon in „Der Panther“ - der einsame Polizist. Schimanski hat das auch irgendwie draufgehabt, jedenfalls so ein bisschen. Columbo ist für mich glaubhaft. Kino-Kommissare fand ich immer Klasse - vor allem wenn sie ein bisschen perfide sind wie Michel Serrault.
Frage: Angenommen das Budget spielt keine Rolle. Wer würde dann in Ihren Filmen mitspielen?
Antwort: Ich weiß nicht, ob ich das mit Schauspielern machen würde. In meinen Filmen spielen in der Regel Laien. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Schauspieler ihre Rolle schon im Drehbuch genau festgelegt haben wollen. Vielleicht haben sie Angst zu improvisieren. Ich habe viele Leute kennengelernt, wo ich anfangs dachte: „Das ist eine coole Socke.“ Aber in Wirklichkeit war das nur ein Schauspiel.
Frage: Vermissen Sie den Kontakt zum Publikum, wenn sie große Hallen bespielen?
Antwort: So groß sind die Hallen, in denen ich spiele, ja nicht. Der unmittelbare Kontakt ist sowieso irgendwann durch die Sicherheitsbestimmungen verloren gegangen. Da können selbst die eigenen Eltern nicht mehr in die Garderobe kommen. Aber beim Konzert spüre ich den Kontakt zum Publikum natürlich immer noch.
Frage: Mit der CD und dem Film sind zwei Werke vollendet. Gibt es schon weitere Pläne?
Antwort: Mit der neuen Band möchte ich noch längere Zeit kreativ sein. Es muss ja nicht sein, dass wir das ganze Jahr auf Tour sind. Mir schwebt auch vor, irgendwann vielleicht zwei Jahre oder länger gar nicht mehr auf die Bühne zu gehen. Auf jeden Fall würde ich eine weitere Folge von „00 Schneider“ drehen. Das hat viel Spaß gemacht.