Jake Bugg: Wenn ein junger Hüpfer nach altem Hase klingt
Der 19 Jahre alte Jake Bugg wurde voriges Jahr als Heilsbringer des britischen Pop gefeiert. Etwas zu voreilig.
Berlin. Dass der Erfolg von Jake Buggs Debütalbum Konsequenzen haben würde, war zu erwarten — die Frage war nur, welche. Jetzt erscheint nach nur einem Jahr mit „Shangri La“ das zweite Werk des 19-Jährigen, und schon nach wenigen Takten könnte man ahnen: Da soll ein Goldesel herangezüchtet werden. „Shangri La“ klingt im Gegensatz zum Erstling zu bemüht authentisch, und die Vermutung liegt nahe, dass dieses Ergebnis gar nicht so sehr Bugg selbst zuzuschreiben ist, sondern seinem neuen Produzenten — Rick Rubin.
Zu Rubin werden gern alternde Künstler geschickt, oder solche, die sich schon einen passablen Status erarbeitet haben, nun aber zu Megastars aufsteigen sollen: So geschehen mit Gossip, Adele und nicht zuletzt Johnny Cash, der auf seine alten Tage von Rubin zur generationsübergreifenden Konsens-ikone geformt wurde.
Dabei ist das Konzept des weißbärtigen Sonderlings beinahe schon zu einfach: Alles glasklar und tunlichst live aufnehmen, „die Energie einfangen“, wie er sagt, und dann den Kompressor bis zum Anschlag aufdrehen —, so dass man glaubt, wenige Zentimeter von Buggs Gesicht entfernt zu stehen. Bei Johnny Cash hat das bestens funktioniert. Bei Bugg ist der Schuss zwar nicht nach hinten losgegangen, ins Schwarze getroffen hat er auch nicht.
Es mag paradox klingen, aber der Versuch, aus Buggs Stimme das Maximale an Kraft herausholen zu wollen, endet oft mit einer Stimmungsbremse. Wenn der Youngster in „Kingpin“ das Wort „Day“ wie ein deutsches „D“ herauspresst, mag man ihm anraten, einen Gang zurückzuschalten. Überhaupt: Mit dem frischen Britpop seines Erstlings hat das nichts mehr zu tun, Bugg spielt verzerrten Boogie, der mit seiner Heimat nur in Verbindung zu bringen wäre, zöge man Status Quo als Vergleich heran.
Und doch: Jake Bugg läuft auch auf „Shangri La“ immer mal wieder zur Höchstform auf und zwar immer dann, wenn er weitgehend in Ruhe gelassen wird. Die Folkballade „Me And You“ kann den späten Byrds durchaus das Wasser reichen, und „Pine Trees“ schafft es zur Akustikgitarre in zweieinhalb Minuten, eine maulige „Lasst mich doch in Ruhe“-Haltung zum Glücksgefühl umzumünzen.
Es ist müßig, darüber zu spekulieren, wer wohl auf die Idee kam, Jake Bugg zu Rick Rubin zu schicken. Dass sowohl der junge Brite als auch der stets barfüßige Producer auf ihrem jeweiligen Gebiet in der Champions League spielen, steht außer Frage. Im Falle von „Shangri La“ — benannt nach Rubins Studio — hat das Aufeinandertreffen allerdings nicht den gewünschten Mehrwert gebracht, jedenfalls nicht den musikalischen. Wenn dann am Ende wenigstens der Mehrwert auf den Abrechnungen der Plattenfirma entsprechend groß wird, ist immerhin der Plan vom Goldesel aufgegangen.
“ Jake Bugg, „Shangri La“, Virgin EMI/Universal, ab sofort im Handel