Mit 82 Jahren Jazzmusiker Michael Naura gestorben

Husum (dpa) - In der Nachkriegszeit war Michael Naura einer der erfolgreichsten Jazzpianisten in Deutschland, er gehörte zu den besten Jazzmusikern - neben Albert Mangelsdorff, Heinz Sauer, Ernst-Ludwig Petrowsky und dem Vibrafonisten Wolfgang Schlüter.

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Eine zweite Karriere - bedingt auch durch eine Erkrankung, die ihn zum Pausieren zwang - machte er im Hörfunk. Von 1971 bis 1999 leitete er ebenso sachkundig wie scharfzüngig die NDR-Jazzredaktion. Am Montag ist der Jazzmusiker nach langer schwerer Krankheit in Hollbüllhuus bei Husum im Alter von 82 Jahren gestorben.

„Michael Naura war brillant. Von vielen als Jazz-Papst verehrt, hat Michael Naura im NDR unüberhörbare Akzente gesetzt“, sagte NDR- Intendant Lutz Marmor. „Er verantwortete die legendären NDR Jazzworkshops, kämpfte unermüdlich für 'seine' Musik und jazzte selbst am Klavier. Mit seinem Tod verliert der deutsche Jazz eines seiner Urgesteine.“

Naura, 1934 in Memel (heute Klaipeda/Litauen) geboren, kam als Sechsjähriger mit der Mutter nach Berlin. Hier studierte er
Philosophie, Soziologie und spielte nebenher Klavier. Die Musik verdrängte die Wissenschaften. 1953, mit 19 Jahren, gründete er in Berlin das Michael-Naura-Quintett; 1956 Umzug nach Hamburg. Im Jazzkeller in den Colonnaden spielte die 1962/63 zur besten deutschen Band gewählte Formation jahrelang sechs Nächte die Woche.

„Es war schlimmer als Bergbau, schlimmer als Untertage-Arbeit“,berichtete Naura einmal. Die Nächte in verqualmten Räumen vor alkoholisiertem Publikum forderten ihren Tribut. Von 1963 bis 1966 musste Naura pausieren. Die besten Jazzer Deutschlands taten sich zu einer Benefizvorstellung zusammen, um ihm zu helfen, die Kosten für die Behandlungen aufzubringen. Das hatte es in der deutschen Jazzgeschichte nie zuvor gegeben.

1966 begegnet Naura dem Lyriker Peter Rühmkorf. Die
Zusammenarbeit unter dem Stichwort „Jazz und Lyrik“ zeigt
vielfältige Früchte. Als Leiter der NDR-Jazzredaktion produzierte, organisierte, schrieb, sammelte er und machte weiterhin auch Musik. „Mit seiner ausdrucksstarken Stimme gab er seinen Worten im Radio einen hohen Wiedererkennungswert. Facettenreich und intuitiv sprach er ins Mikrofon, mal sanft berührend, mal provozierend“, hob der NDR hervor. Seine Kritiken waren sprachlich brillant, konnten aber auch herb ausfallen. „Kaum ein kritisches Wort im Jazz (...) besitzt mehr Gewicht“, schrieb einmal die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“.

In Hollbüllhuus hatte er viele Jahre sein Zuhause, das fast an ein Museum erinnert. Bauernschränke, ausgefallene Hüte oder Gehstöcke trug der leidenschaftliche Sammler auf Trödelmärkten zusammen. Neben dem Jazz widmete er sich dem Malen, er hatte sogar ein eigenes Atelier. Zu seinem 80. Geburtstag setzte er sich für den Fotografen noch ans Klavier und improvisierte Jazz.