Jonny Lang: Boygroup-Blues für das neue Album
Das Gitarren-Wunderkind Jonny Lang holt seine Jugend nach.
Düsseldorf. Seine alten Alben kann Jonny Lang nicht mehr hören. „Das ist eine Tortur. Wie wenn man alte Highschool-Jahrbücher durchblättert.“ Die neue CD „Fight For My Soul“ (Mascot/ Rough Trade) ist anders. „Ich wollte dieses Album lange schon machen. So mancher Song wird die Leute überraschen, aber so ist das. Das hält die Sache frisch und bringt mich weiter.“
Mit zwölf durchstöberte er auf einer Farm in North Dakota, wo er aufwuchs, die Plattensammlung seines Vaters, hörte Otis Redding und Steely Dan. Daddy war es auch, der ihn mit auf ein Konzert der Bad Medicine Blues Band“ nahm. Der Gitarrist der Band wurde sein Gitarrenlehrer und Jonny bald Frontman der Formation, die sich von nun an „Jonny Lang And The Big Bang“ nannte. Gerade 14 Jahre alt war er da. Zwei Jahre später legte er sein erstes Soloalbum „Lie To Me“ hin, das gleich Platin gewann.
Ging alles ein bisschen schnell. Mit B. B. King, Aerosmith, den Rolling Stones trat er auf. Im Weißen Haus vor Präsident Bill Clinton. Im Film „Bluesbrothers 2000“ war Jonny Lang zu sehen. Bis der Absturz kam. Alkohol, Kokain, Ecstasy.
Auf dem 2006er-Album mit sprechendem Titel „Turn Around“ feierte Lang dann sein Erweckungserlebnis und die Umkehr zu Gott. Danach war es sieben Jahre still um den Grammy-Gewinner. Er widmete sich der Familie — Frau Haylie Johnson, Schauspielerin, und seinen vier Kindern. „Ich versuchte das Chaos Zuhause ein bisschen in den Griff zu kriegen.“
Mit dem neuen Album muss das Comeback jetzt klappen. Und das hört man den elf Songs an. Für jeden ist was dabei. Mit der ersten Hälfte will Jonny Lang junges Publikum abholen. Bei „Blew Up“ oder „Breakin’ In“ klingt er wie der uneheliche Sohn von John Cougar Mellencamp und Britney Spears. Seine kehlige Bluesstimme steht im Kontrast zu tanzbaren Beats.
Bei „We Are The Same“ und „What Are You Looking For“ muss man an Justin Timberlake und ein bisschen Terence Trent d’Arby oder Lenny Kravitz denken. Es ist schon kurios. Mit 16 hörte er sich an wie ein Alter und jetzt mit 32 klingt er wie ein Teen. Man meint fast, als wolle das ehemalige Wunderkind mit diesem Boyband-Blues-Sound seine Kindheit nachholen.
Die zweite Hälfte des Albums ist reifer. Schnelle Solos sucht man zwar vergebens. Das muss nicht schlecht sein. An großen Gesten mangelt es dem Gitarristen nicht. Bei der sich erhebenden Ballade „The Truth“ zeigt Jonny Lang, was er beim touren mit Aerosmith gelernt hat.
„River“ ist eine groovige Soulnummer mit fetten Backgroundchören. Und „I’ll Always Be“ mit zuckrigen Streichern kommt als melodische Hymne daher, die ein wenig an Rod Stewarts „Pure Love“ erinnert. Perfekt. Alles vielleicht ein bisschen zu sehr. Aber wer will das einem ehemaligen Wunderkind schon wirklich übelnehmen?
“ Lang gibt am 9. Oktober eines von drei Deutschland-Konzerten in der Zeche in Bochum