Karten in Bayreuth werden neu gemischt
Bayreuth (dpa) - Auf dem Grünen Hügel in Bayreuth werden die Karten neu gemischt: Nach Kritik des Bundesrechnungshofes und Ermittlungen der Staatsanwaltschaft haben die Richard Wagner-Festspiele schon in diesem Jahr ihre umstrittene Praxis bei der Ticketvergabe geändert.
„Es geht jetzt streng nach Wartezeit“, sagte Festspielsprecher Peter Emmerich am Donnerstag - zumindest bei den Karten im freien Verkauf. Und von denen soll es auch in diesem Jahr schon mehr geben als bisher. Die Bearbeitung der unzähligen Kartenwünsche für die diesjährigen Festspiele ist nach Angaben Emmerichs fast geschafft.
Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) hatte dem Kulturausschuss des Bundestages bereits am Vortag mitgeteilt, dass jetzt 65 statt bislang 40 Prozent der Karten regulär und frei verkäuflich seien. Genau da lag nämlich in der Vergangenheit das Problem - auch für den Bundesrechnungshof. Der hatte kritisiert, dass der größte Teil der begehrten Karten für die staatlich subventionierten Festspiele nicht frei verkauft wurde, sondern in Kontingenten an langjährige Abnehmer ging. Die Staatsanwaltschaft Hof, die wegen der umstrittenen Vergabe Ermittlungen aufgenommen hatte, stellte diese Mitte Februar ein. Strafrechtlich gebe es an der Vergabe nichts zu beanstanden. Die Kontingente sollen nun dennoch reduziert werden.
Wie die Vergabepraxis in Zukunft genau aussehen soll und welche Kontingente beschnitten werden sollen, dazu wollte sich der Chef des Verwaltungsrates, Toni Schmid, zunächst noch nicht konkret äußern. „Wir beraten noch. Ich kann ja nicht darüber reden, bevor das Ei gelegt ist.“ In der kommenden Woche, am 14. März, tritt der Verwaltungsrat zu einer Sitzung zusammen. Dabei soll es nach Angaben Neumanns auch um die möglichen Missstände in der Festspiel-Verwaltung gehen, die in der jüngsten Vergangenheit für Schlagzeilen gesorgt haben. Zur Kartenvergabe sagte Schmid nur soviel: „Ziel muss es sein, dass einfach mehr Karten in den Verkauf gehen.“
Für die Mäzene von der Gesellschaft der Freunde von Bayreuth wird sich voraussichtlich nicht viel ändern. Auch in diesem Jahr bekommen sie rund 14 000 Karten - keine Freikarten, wie die „Freunde“ stets betonen. Die Mäzenatenvereinigung unterstützt die Festspiele mit rund drei Millionen Euro im Jahr - Geld, das vor allem vor dem Hintergrund der nötigen Sanierung des Festspielhauses unverzichtbar ist. Der Rechnungshof könne nicht verlangen, „dass wir die Kuh schlachten, deren Milch wir brauchen“, hatte Schmid betont.
Leidtragende der neuen Vergaberegeln dürften unter anderem die 138 Wagnerverbände mit ihren mehr als 24 000 Mitgliedern sein. Doch die tragen das mit Fassung. „Das ist eine gute Reaktion von Bayreuth“, sagte die Vorsitzende des mitgliederstärksten Wagnerverbandes in Würzburg, Margot Müller, am Donnerstag. Karten für die Wagner-Stipendiaten habe es zwar in diesem Jahr noch gegeben, Begleitpersonen vom Verband dürften aber schon nicht mehr mit in die Vorstellungen. Das sei zu verkraften, meint die Würzburger Verbandsvorsitzende. Gespart werde auch bei der Vergabe an Reisebüros, sagte Müller, die selbst ein solches besitzt und nach eigenen Angaben bislang regelmäßig Reisen zum Grünen Hügel organisiert hat. „Kein Reisebüro hat Karten bekommen.“
Otto Normalverbraucher musste bislang nach Angaben von Festspiel-Sprecher Emmerich im Schnitt zwischen fünf und sieben Jahre auf Festspiel-Karten im freien Verkauf warten; in der Spitze - und in Ausnahmen, wie er betonte - waren es bis zu 13 Jahre. Dabei komme es aber immer auf die Kartenwünsche an und darauf, wie flexibel die Bestellungen sind.
Die neue Vergabepraxis in Bayreuth lässt nun die Wagner-Fans hoffen, die seit Jahren leer ausgegangen sind. In diesem Jahr liegen für die gut 60 000 Plätze, die zu vergeben sind, weit mehr als 300 000 Bestellwünsche vor. Vor allem diejenigen, die seit zehn Jahren oder länger auf eine Karte für die traditionell am 25. Juli beginnenden Festspiele hoffen, sollen künftig Erfolg haben.