Knorkator: Mit dem Aufhören aufgehört

Berlin (dpa) - „Knorke“ sagt der Berliner, wenn er etwas richtig toll findet. Hält man sich an die Definition der Nachsilbe „-ator“, ist ein Knorkator jemand, der eine ganz normale Sache zu etwas richtig Tollem macht - wenn denn „knorken“ ein existierendes Verb wäre.

Knorkator sind aggressiver als Rammstein und absurder als die Ärzte, manchmal aber auch so erhaben wie Joachim Witt. Und doch wird aus der Summe dieser Teile eine ganz eigene Gattung.

Beispiel: „Warum weint die Königin auf ihrem Thron still vor sich hin? Und warum steht sie ganz allein, so stumm und blass im Mondschein? Weil diese grandiose Melodie, so voller Schmerz, Sehnsucht und Poesie sich gern auf große Worte legt, damit das Lied dein Herz bewegt.“ Ein Lied, das seine eigene Melodie lobpreist. Zu finden auf Knorkators neuer Platte „Es werde Nicht“.

„Ich schreibe nie nach Gefühl oder Stimmung“, sagt Alf Ator, Keyborder, Songschreiber und künstlerischer Kopf der Band. Er brauche immer klare Gedanken, um ein Thema greifbar zu machen, dann eine kompakte Textidee und einen musikalischen Grundbaustein für den Refrain. „Alles weitere ist dann harte Kompositionsarbeit, und die dauert bei mir manchmal Jahre“. Das erklärt vielleicht, warum man bei Knorkator selten eingängige Popsongs finden kann. Auf „Es werde Nicht“ kommt selbst die tragische Ballade vom Tod, der im Sterben liegt, nicht ohne Schlusspointe aus - die an dieser Stelle natürlich nicht verraten wird.

Neben Alf Ator besteht Knorkator aus Gitarrist Buzz Dee und Sänger Stumpen, der mit seinem ungeheuren Stimmvolumen jedes Konzert der Gruppe zu einem Ausnahmeerlebnis macht. „Ich nenne ihn eigentlich immer Stumpen, außer, wenn ich etwas Ernstes mit ihm zu bereden habe. Dann nenne ich ihn bei seinem richtigen Namen: Gero“, sagt Ator, der natürlich auch über einen bürgerlichen Namen verfügt - Alexander. Buzz Dee heißt in Wirklichkeit Basti. Solche Sprachspielereien finden sich bei Knorkator dauernd. Vor einigen Jahren produzierten sie eine Volksmusikplatte, da nannten sie sich nicht Knorkator, sondern „High Mud Leader“ - Sollte heißen: „Heimatlieder“.

Kurz vor dem ganz großen Durchbruch standen die drei auch schon einmal. „Wir hatten eine kurze Party im Jahr 2000, als die Sache mit dem Grand Prix lief, aber das hatte sich ja gar nicht auf unsere Musik bezogen“, erinnert sich Ator. „Wir waren für die Fernsehstationen ein Haufen Chaoten, die man schön ins Unterschichtenfernsehen bringen konnte.“ Da Knorkator aber aus ernsthaften Musikern bestehe, habe sich die Band irgendwann ausklinken müssen. „Wir hatten davor unsere Fans, und danach hatten wir sie auch noch.“

Das bisherige Ausbleiben des Megaerfolgs verarbeiten Knorkator auf ihrer neuen Platte mit einem Stück namens „Kinderlied“. Es heißt so, weil Ators eigener Nachwuchs vor dem Mikro steht und darüber singt, wie die skrupellosen Väter ihre Kinder zu Popstars machen wollen, weil sie es selbst nicht geschafft haben.

Eigentlich hatte sich Knorkator im Jahr 2008 aufgelöst. Warum die Reunion? Ator sagt, dies sei bei der Auflösung nicht geplant gewesen - „das hat sich so ergeben“. Eine Reunion sei aber nur von Nutzen, wenn man auch ein neues Album vorweisen könne. „Deshalb hat das auch so lange gedauert. Erst, als wir 64,5 Prozent des Materials fertig hatten, habe ich gesagt, okay, jetzt kann man sich wieder zusammentun.“

Das Album ist nicht bei einer großen Plattenfirma erschienen, sondern läuft über die Band selbst - und einen professionellen Vertrieb. „Bei unseren Verkaufszahlen hätte sich das für ein Majorlabel nicht gelohnt“, sagt der Bandchef. Früher, zu Zeiten der sogenannten „Neuen Deutschen Härte“, habe jedes Label seine eigenen Rammstein haben wollen. „Da sind viele Plattenfirmen den Bach runtergegangen, unsere übrigens auch“, so der inzwischen etwas ergraute Keyboarder. Immerhin, Knorkator kann immer noch von der Musik leben: „Man muss vielleicht manchmal einen Ferrari verkaufen, aber es geht.“

Knorkator hat sich im Laufe der vergangenen 17 Jahre zu einer festen Größe in der deutschsprachigen Musikszene erarbeitet. Niemand macht Musik wie Knorkator, obwohl alle Elemente für sich genommen noch kein Alleinstellungsmerkmal wären. Knorkator hat keine feste Zielgruppe, bedient keinen Markt, besetzt keine Nische und nicht einmal einen konkreten Stil kann man den Musikern zuordnen. Knorkator macht aus vielen ganz normalen Sachen etwas Tolles. Ihrem Namen werden die Musiker also auf jeden Fall gerecht.