Lady Gaga: Spielchen mit der Provokation
Lady Gaga zeigt Po und lässt es zischen – die US-Sängerin kitzelte 9000 vorwiegend junge Fans in der Oberhausener Arena.
Oberhausen. Wir sind über 18. Deswegen wissen wir seit geraumer Zeit, wo sich drei erogene Zonen der Frau befinden. Da und da. Und da. Lady Gaga macht aus diesem Wissen Feuerwerk. Nicht im übertragenen Sinne, sondern ganz punktuell in echt. Da und da. Und da. Da sprüht es. Und da zischt es. Und da blinkt es gülden - kurz vor 23.30 Uhr, wenn sich die Lotterblondine, 1986 als Stefani Joanne Angelina Germanotta in New York geboren, selbst entzündet. Sie kitzelt die "Basic Instincts" von 9000 Fans, die Montagabend in der Oberhausener Arena angetreten sind, um an "the greatest party in the world" - der größten Party der Welt - teilzunehmen. So verkündet es vollmundig die Lady, die alles daran setzt, nicht für eine solche gehalten zu werden.
Ganz so groß ist die Party aber doch nicht: Obwohl im Vorfeld bei E-Bay Gebote von annähernd 170Euro für zwei nicht besonders attraktive Sitzplätze parallel zur Front-Bühne eingingen, hätte die Arena 3000 Menschen mehr vertragen. Die vielen kleinen Mädchen im Publikum, im Durchschnitt geschätzte elf Jahre alt, dürften das mit dem Drei-Punkt-Feuerwerk eher lustig als animierend gefunden haben.
Musikalisch wertete die US-Sängerin ihre bisherigen beiden CDs weitgehend aus, beklagte zum Schluss unter pompösen Klängen die "Bad Romance".
Comic, Kunstwerk oder Erotomanie? Etwas von alledem, aber wohlkalkuliert - und zugleich so surreal und revuehaft, dass alle etwas davon haben. Eine exaltierte Zwei-Stunden-Show mit Freaks - nicht wirklich eklig, nur seltsam gewandet, sich seltsam bewegend, aber jeder einzelne für sich attraktiv, trainiert und gestylt. Ein Pop-Panoptikum des Pseudo-Perversen - aber so gemäßigt, dass sogar Elfjährige darüber lachen können.
Im Zentrum: die butterblonde Lady mit dem Namen, den sie dem Queen-Song "Radio Ga-Ga" entlehnt hat. Sie versteckt nichts vor uns. Weder die prallen, netz-umstrickten Pobacken unter lila Leo-Latex noch ihre schwierige Zeit in der Schule und ihre Botschaft: "Ihr seid perfekt, so wie Gott euch gemacht hat!" Das könnte auch die Solistin eines Gospel-Chors gesagt haben.
Germanotta, obschon streng katholisch erzogen, geht es um andere Dinge. Nicht umsonst heißt die aktuelle Tour "The Monsters’ Ball". Als steife Latex-Domina, tüllumflorte Schneekönigin oder ängstliche Stefani im Monsterland mit grünem Tutu im wilden Wald will sie das Tier in uns wecken.
Dass sie auch noch singt, gerät beinah in Vergessenheit inmitten dieses Bilderrauschs zwischen gleißenden Plateau-Pumps für ihre stakkatohaften Aerobic-Übungen, den zahlreichen Hebe-, Wirbel- und Senk-Bühnen-Elementen, umwabert vom Kunstnebel, dem schimmernden Schweiß auf glatten Tänzer-Büsten und der allgemein recht schwülen Erotik. Und sie singt richtig gut. Das sollte sie beibehalten - aber das Pianospielen lieber dem Mann im Schatten überlassen.