Lang Lang: „Ich widme mein Leben gerne der Musik“
Cannes/Berlin (dpa) - Die „New York Times“ bezeichnete ihn als den „heißesten Künstler im klassischen Musik-Kosmos“: An diesem Samstag wird der chinesische Pianist Lang Lang in Berlin mit der Goldenen Kamera ausgezeichnet.
Im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa spricht der 30-Jährige über neue Ziele, seine Liebe zur deutschen Kultur und über globale Erziehungsmethoden.
Sie gelten als ein Superstar in der klassischen Musikszene, haben mit vielen großen Künstlern zusammengearbeitet und für die Queen oder US-Präsident Obama gespielt. Sie haben fast alles erreicht - haben Sie denn überhaupt noch Ziele?
Lang Lang: „Mir ist es ein großes Anliegen, die junge Generation an klassische Musik heranzuführen, sie zu inspirieren. Neben meiner Stiftung in New York habe ich jetzt noch eine Schule in China. Das Musizieren kann einem so viel geben, es fördert die eigene Kreativität und natürlich die Disziplin. Man lernt, Sachen zu Ende zu bringen - mit einem klaren Ziel vor Augen. Deshalb will ich mich künftig noch mehr um Ausbildung, aber auch um meine Wohltätigkeitsprojekte kümmern.“
Mit elf haben Sie China erstmals verlassen, um an einem Wettbewerb in Baden-Württemberg teilzunehmen. Deutschland bezeichneten Sie später als ihr zweites Zuhause. Was fasziniert sie an dem Land?
Lang Lang: „Natürlich die Kultur. Der große Teil der klassischen Musik hat in Deutschland seine Wurzeln. Beethoven, Bach, Brahms. Als klassischer Pianist kommt man gar nicht daran vorbei, sich mit dieser großartigen Kultur auseinanderzusetzen. Außerdem sind die Deutschen sehr verbindlich. Das mag ich. Wenn sie etwas zusagen, dann halten sie das auch ein.“
Sie sind ein leidenschaftlicher Fußball-Fan. Interessieren Sie sich auch für deutschen Fußball?
Lang Lang: „Klar, ich habe mir erst am Wochenende Bayern gegen Stuttgart angeschaut, 2:0 ging das aus. Ich liebe die Bayern, eine großartige Mannschaft. Und die Bundesliga macht generell Spaß, die Spiele haben ein gutes Tempo.“
Sie standen als Kind in China unter enormem Leistungsdruck. Ihr Vater zwang Sie mit einer unermüdlichen Besessenheit zum stundenlangen Klavierspielen. Und auch heute vergeht kaum ein Tag ohne Üben. Lohnt sich diese Quälerei?
Lang Lang: „Üben kann sehr hart sein. Aber wenn man dann zu einem Ergebnis kommt und auftritt, löst sich das alles in der Musik auf. Und ab einem gewissen Level vergisst man das Leiden und die Langeweile. Dann erinnert man sich nur noch an die positiven Seiten. Die Freuden, die man aus der Musik zieht sind um ein Vielfaches größer, als der Schmerz.“
Möchten Sie denn selbst Kinder haben?
Lang Lang: „Nicht jetzt, aber irgendwann schon. Jetzt habe ich gar keine Zeit, ich toure viel zu viel.“
Ihre ersten 15 Jahre haben Sie in China verbracht, die zweite Hälfte ihres Lebens hauptsächlich in den USA. Nach welcher Mentalität würden Sie ihre Kinder erziehen?
Lang Lang: „Auf die internationale Art. Die Welt wird immer kleiner und jede große Kultur hat etwas Besonderes zu bieten. Wir sollten jeweils das Beste herausziehen. Am Ende des Tages müssen wir uns unserer eigenen Identität bewusst werden. Egal ob als Chinese, Amerikaner oder Deutscher, wir müssen rausfinden, wer wir sind.“
Sie haben ihr Leben ganz auf die Musik ausgerichtet?
Lang Lang: „Ich liebe Musik. Andere können sich das vielleicht nicht vorstellen, die Menschen sind ja auch sehr unterschiedlich. Für mich bleibt beispielsweise die Arbeit von Einstein oder anderen Wissenschaftlern ein Rätsel. Das könnte ich nie machen. Ich habe für mich herausgefunden, dass ich es liebe zu spielen, aufzutreten und meine Visionen zu teilen. Ich widme der Musik gerne mein Leben.“
Wollen Sie irgendwann eigene Werke komponieren?
Lang Lang: „Ja, vielleicht kleine Stücke. Ich schreibe schon jetzt immer mal wieder kürzere Sachen. Aber nicht auf professioneller Ebene. Nur so zum Spaß, für mich.“