Lenny Kravitz strotzt vor Kraft

NRW-Station auf der „Love-Revolution“-Tournee im Palladium.

Köln. Der Star lässt auf sich warten. "Die Diva hat ein bisschen lange Soundcheck gemacht", frotzelt eine Bedienung hinter der Theke des Kölner Palladiums. 21.20Uhr - unter den 3500 Anhängern in der ausverkauften Halle macht sich Unruhe breit.

Zehn Minuten später schrillen erste Pfiffe durch den "Schlauch". Um 21.47 Uhr ist der Unmut vergessen. Furios, brachial und energiegeladen steigt Lenny Kravitz mit "Back in Vietnam" in sein Programm ein - sein politisches Statement zum Irak-Krieg der USA. Danach gibt der Womanizer aus Brooklyn der Liebe eine Chance.

Gilt sein jüngstes Album "It ist Time for a Love Revolution" als Vehikel für eine Brautsuche, ist die zweieinhalb-stündige Show ein wahrer Balztanz - mit einem Lenny Kravitz in Höchstform. Jede große Geste des Rock’n’Roll beherrschend - er strotzt nur so vor Selbstbewusstsein -, spielt er mit dem Publikum, reißt spektakuläre Riffs aus der Gitarre, zuckt zum Stakkato-Rhythmus seiner Retro-Songs und den Gefühlen, die ihn in seinen Kompositionen zu überwältigen scheinen.

Ja, die große Liebe, die er verloren hat, die er sucht, die er finden wird - diese große Liebe ist möglich. Das ist die Essenz seiner Musik: "Let Love rule", um es mit einem seiner Klassiker zu formulieren.

Es ist die Wucht des Sounds, die gefangen nimmt. Bass und Gitarren sind derart massiv, dass er nicht nur direkt in die Beine fährt, sondern sogar der Betonboden zu schwingen scheint. Da feiert auch Bap-Gitarrist Helmut Krumminga sichtbar begeistert mit. Und es ist diese Präsenz des 44-Jährigen, die in den Bann zieht. Die Bühne scheint für den Mann mit der engen schwarzen Lederhose und dem transparenten Hemd - zur Freude vieler ist jeder Muskel seines Six-Packs sichtbar - zu klein zu sein.

Bei der Songauswahl lässt Kravitz keine Wünsche offen: "It ain’t over, til it’s over", "Stand by my Woman", "Stillness of Heart", "American Woman" - der Multiinstrumentalist, der von seiner sechsköpfigen Band gestützt wird, lässt’s krachen, genießt auch mal ein Bad in der Menge.

Ja, und kuscheln lässt er auch: Zu "I’ll by waiting" leuchten am gläsernen Piano kleine Lämpchen auf. "Ist schon ein Leckerchen", sagt eine Mittzwanzigerin verzückt, lächelt ihre Begleitung an - und gibt ihm einen Kuss. Auch ein Trost.