Mehr Happening als Theater: „Delusion of the Fury“ bei Ruhrtriennale
Bochum (dpa) - Der Schlussapplaus kommt etwas zögerlich, dann aber umso einhelliger. Die größtenteils geladenen Premierengäste erlebten am Freitagabend in der Bochumer Jahrhunderthalle zum Auftakt der Ruhrtriennale das Musiktheaterstück „Delusion of the Fury“ von Harry Partch.
Die Aufführung päsentierte sich als mehr Happening denn Theater und mehr Pop als Neue Musik. In seiner durchaus erfrischenden Albernheit bleibt es auch bestürzend harmlos.
Mit großem Getöse war diese europäische Erstaufführung des amerikanischen Sonderlings im Vorfeld als Sensation angekündigt worden. Auf dem Papier klingt es tatsächlich revolutionär, was Partch (1901-1974) in der Wüste Kaliforniens, weitab vom klassischen Musikbetrieb seinerzeit austüftelte. Er erfand nicht nur sein eigenes Tonsystem, sondern auch die entsprechenden Instrumente.
Seine letzte große Musiktheaterarbeit von 1966 „Delusion of the Fury“ - was soviel heißt wie „Wahn der Wut“ - verlangt eine ganze Armee dieser bizarren Instrumente, die in der Jahrhunderthalle nicht nur akustisch, sondern auch optisch die Hauptrolle spielen.
Zwei Jahre hat der Kölner Instrumentenbauer Thomas Meixner gebraucht, um die exotischen Ungetüme nachzubauen. Es sind vorzugsweise Percussion-Instrumente, darunter ein riesiges Glockenspiel aus Glas, mehrere Cymbale und Harmoniums. Diesen Gerätepark, der aussieht, als hätte der Filmemacher Tim Burton sich ein Instrumentenmuseum ausgedacht, bedienen die Musiker mit rastlosem Eifer, springen hin und her und fungieren nebenher auch als Darsteller und Sänger.
Kostümiert sind sie im Chic des amerikanischen Land-Prekariats, abgesehen von den Szenen, wo das japanische Theater die Oberhand gewinnt und entsprechend pompöse Mäntel drapiert werden (Kostüme: Florence von Gerkan). So wirken die beiden Protagonisten einer seltsamen Stangenkampf-Szene wie zwei Jedi-Ritter im Indianerdorf.
Klaus Grünberg hat das pittoreske Orchester mit einer Landschaft aus schwarzen Plastik-Wülsten umgehen. In der Mitte schlängelt sich ein Wasserlauf. Vier japanische Lampen wackeln an langen Stangen, am Schluss taucht im Hintergrund ein weißes Halbrund auf. Die Lichtstimmungen wechseln ständig, und Nebel wabert über den Wassern.
Triennale-Intendant Heiner Goebbels verantwortet die Regie, deren Konzept schwer auszumachen ist, zumal ohnehin Harry Partchs Klangkosmos und die aufwendigen Aktionen, diesen hervor zu bringen, im Vordergrund stehen. Die Handlung bleibt völlig unverständlich. Gelegentlich aufblitzende Momente der Ironie gehen im Eifer der Betriebsamkeit schnell wieder unter.
Partchs Musik mixt Elemente der Minimal Music mit archaischen Urklängen, es tönt mal asiatisch, mal indianisch. Weitgehend gleichförmig aber zieht sich ein gefälliger, poppiger Drive durch die Partitur, der auf Dauer eintönig wird. Zumal der gewaltige Aufwand, die Instrumente zu bauen, sich nicht wirklich auszuzahlen scheint. Sie sehen weitaus schräger aus als sie klingen. Fazit: Ein belangloses Hippie-Revival, auf dem der Staub der 1970er Jahre liegt.