Mit Passport in die Welt: Klaus Doldinger wird 75
Berlin (dpa) - Ein wenig fremd habe er sich schon gefühlt, sagt Klaus Doldinger, als er Mitte der 60er Jahre im Hamburger Star Club aufgetreten sei. Er kam aus der Jazz-Welt und empfand als „Purist“ den Rock-Sound eher als schräg.
Doch dann holte der junge Mann am Saxofon schnell auf - und wurde zu einem der erfolgreichsten Musiker aus Deutschland. Mit seinem „Tatort“-Vorspann lassen Millionen das Wochenende ausklingen, der Kriegsfilm „Das Boot“ wird erst durch Doldingers Breitwand-Musik zur unheimlichen Tauchaktion.
Doldinger, der am 12. Mai 75 Jahre alt wird, ist seit Jahrzehnten Aushängeschild des deutschen Jazz - auch wenn das angesichts seiner Karriere viel zu kurz gegriffen ist. Mit seiner legendären Band Passport erwies er sich als Grenzgänger: integrierte Klänge aus Nordafrika und Südamerika mit Jazz, Rock und Soul, eine Mischung, mit der er weltweit auftrat und die zu seinem Markenzeichen wurde.
Sein erstes Album hieß 1963 noch „Doldinger - Jazz made in Germany“. Das sollte irgendwie programmatisch klingen. Nach NS-Zeit und Krieg war der Jazz wieder heimisch geworden in Deutschland. Doldinger, 1936 in Berlin geboren, und seinen langjährigen Produzenten Siggi Loch lockte es aber aus der Bundesrepublik in die Welt. „Ich wollte meine Unabhängigkeit bewahren“, sagt er heute.
Der Jazzer war auf der Suche nach dem „liedhaften Komponieren“, nach einprägsamen Melodien. Er wurde damit zum Meister der kleinen Form: knappe Erkennungsklänge und Leitmotive, wie geschaffen für TV-Serien, Filme und Werbespots.
Früh begeisterte sich Doldinger für Glenn Miller, als Oberprimaner wurden 1960 seine „Feetwarmers“ zur besten deutschen Dixieland-Band gekürt. Dann folgte ein Musikwissenschaft- und Tonmeister-Studium. Von der Klarinette stieg er auf Saxofon um, das ihm ein Zirkusclown verkauft hatte. Anfang der 60er Jahre tourte Doldinger schon durch die USA: Grundlage seines großen Erfolgs wurde die 1971/72 formierte Band Passport mit Udo Lindenberg am Schlagzeug, Jimmy Jackson, Olaf Kübler und Lothar Meid in der Erstbesetzung.
1975 brachte er es mit dem Album „Cross-Collateral“ bis in die US-Charts. Alben wie „Iguacu“ (1977) und „Ataraxia“ (1978) gelten als Meilensteine des Pop-Jazz. Fast 30 Platten nahm er mit Passport auf. Unter dem Pseudonym „Paul Nero“ gab er außerdem rund 15 Alben mit Pop-Arrangements heraus. Sie hießen „Soul Party“ und „Abends in der Cocktailbar“ und vermischten Soul mit Easy Listening.
Mit dem „Tatort“ wurde Doldinger dann außerhalb der Musikwelt bekannt. Zuvor hatte er bereits die Musik für einen Trailer zur Einführung des Farbfernsehens geschrieben. Den flüchtenden Mann für die ARD-Serie begleitete Doldinger mit harten Beats und der heute berühmten Melodie. „Ich habe mich von diesen Schritten zu der Fluchtmusik inspirieren lassen.“
Mit dem „Boot“ bekam er 1996 eine Goldene Schallplatte. Regisseur Wolfgang Petersen wollte ihn nach Hollywood locken. „Ich war aber hier schon etabliert“, sagt Doldinger. Er hatte sich in München niedergelassen und war ein gefragter Komponist.
Mit „Inner Blue“ hat Doldinger nun in seinem Haus im Isartal in Bayern ein neues Passport-Album eingespielt. Und die „Tatort“-Musik gibt es jetzt auch als symphonisches Werk. Zusammen mit Passport hat die Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz die bekanntesten Doldinger-Titel aufgenommen - Musik im Kinoformat. Der Film habe ihm die Augen geöffnet für den großen Melodie- und Harmoniebögen, „auf die ich mit reinem Instrumental-Jazz gar nicht gekommen wäre“, sagt er.