„Musicalkönig“ Gerd Natschinski gestorben
Berlin (dpa) - Ob „Die Sterne der Heimat“ oder „Die Rose war rot“ - DDR-Komponist Gerd Natschinski schrieb rund 400 Lieder, darunter Schlager-Hits ebenso wie Kindersongs. Zu seinem Werk zählen zudem 13 Musiktheaterstücke.
Die erfolgreichsten: „Mein Freund Bunbury“ (1964) und „Messeschlager Gisela“ (1960). Auch die Musik zu 70 Defa-Filmen stammt von ihm. Natschinski hat damit ein wesentliches Kapitel DDR-Musikgeschichte geschrieben. Im Alter von 86 Jahren ist er am 4. August in einem Krankenhaus in Berlin gestorben, wie sein Sohn Thomas Natschinski am Freitag mitteilte.
„Er war für sein Alter sehr fit und ist noch jeden Tag an seinen Arbeitsplatz gegangen“, sagte der Sohn der Deutschen Presse-Agentur. Am 23. August hätte Gerd Natschinski seinen 87. Geburtstag gefeiert.
Der 1928 in Chemnitz geborene Natschinski hatte als 17- Jähriger die Zerstörung Dresdens überlebt. Nach dem Krieg studierte er zunächst in der Elbestadt, später war er in Berlin Meisterschüler von Hanns Eisler. Mit 20 Jahren gab er in Leipzig bereits Konzerte. Mit 24 Jahren wurde Natschinski 1952 Chefdirigent des Großen Tanz- und Unterhaltungsorchesters beim (Ost-)Berliner Rundfunk.
Von 1978 bis 1981 war er auch Intendant des Ost-Berliner Metropol-Theaters, des Operetten- und Revuetheaters am Bahnhof Friedrichstraße. Natschinski wurde mit dem Nationalpreis der DDR ausgezeichnet und war auch Mitglied der Ostberliner Volkskammer.
Mit dem 1964 komponierten Musical „Mein Freund Bunbury“ nach Oscar Wilde schuf er eines der erfolgreichsten deutschen Musiktheater-Stücke überhaupt - mit mehr als 150 Inszenierungen und Aufführungen im In- und Ausland in zehn Sprachen.
Zu den DDR-Schlagerhits aus seiner Feder zählen „Zwei gute Freunde“ für Fred Frohberg und „Damals“ für Bärbel Wachholz. Er schrieb die Filmmusik zum „Heißen Sommer“ mit Chris Doerk und Frank Schöbel, für „Revue um Mitternacht“, „Reise ins Ehebett“ oder „Der Mann, der nach der Oma kam“.
„Es gab wenige Stunden in seinem Leben, die nicht mit Musik ausgefüllt waren. Er war ein unermüdlicher, einfühlsamer, fantasievoller Komponist“, sagte sein Sohn Thomas, selbst Komponist.
Der dreifache Vater Gerd Natschinski, Grenzgänger zwischen E- und U-Musik, hatte zu seinem 80. Geburtstag gesagt: „Es ist ein schönes Gefühl, wenn man sagen kann, man hat einige Sachen geschrieben, die Freude gemacht haben, die zwar modisch waren und doch eine gewisse Zeitlosigkeit haben, das ist eigentlich eine Gnade, auch wenn einem nicht alles gelungen ist.“
Große Teile seines Nachlasses befinden sich im Deutschen Komponistenarchiv am Europäischen Zentrum der Künste Dresden Hellerau. Hellerau-Intendant Dieter Jaenicke zeigte sich tief betroffen vom Tod des Komponisten. „Gerade bereiten wir das Konzert zum zehnjährigen Jubiläum des Komponistenarchivs am 19. Oktober vor, bei dem Lukas Natschinski Werke seines Vaters spielen wird. Daran wollte der Komponist noch selbst teilnehmen, darauf hatten wir uns gefreut“, sagte er.