Neues Coldplay-Album Mylo Xyloto: Experimenteller Bruch
Die Engländer um Chris Martin zeigen sich auf „Mylo Xyloto“ unentschlossen.
London. Diese Band hat eine Magie, der man sich kaum entziehen kann. Coldplay komponieren orchestrale Songs mit herzergreifenden Melodien — ein Handwerk, dass sie Jahr für Jahr perfektionierten. Am Freitag kommt „Mylo Xyloto“, ihr fünftes Studioalbum, auf den Markt.
Den neuen Songs hörte man an, was diese Platte sein soll: der Beweis, dass Coldplay nicht nur aufgrund von sieben Grammys und zig weiteren Preisen die derzeit größte Popband der Welt sind. Der gelingt ihnen aber nur teilweise.
„Parachutes“ (2000) und „A Rush of blood to the head“ (2002) ebneten den Engländern den Weg zum großen Ruhm. Sie machten Coldplay neben Travis zu einer Band, die den zur Jahrtausendwende toten Brit-Pop inmitten der Rock-Revolution der „The“-Bands (Strokes, Libertines, Kills) wieder aufleben ließen.
Mit den millionenfach verkauften „X&Y“ (2005) und „Viva la Vida“ (2008) gelang ihnen der Sprung in den Stadion-Mainstream. Seitdem hören sich Coldplay-Songs zwar alle irgendwie gleich an. Aber eben gleich schön mit diesen Glocken-Gitarren und Chris Martins in hohe Tonlagen abhebender Stimme.
„Mylo Xyloto“, das Album mit dem Fantasienamen, ist dagegen ein Bruch. Erstmals experimentieren Coldplay und lösen sich vom hymnischen Pop. Unter Co-Produzent Brian Eno, der in den 90ern schon U2 zum Stilbruch animierte, kommen elektronische Spielereien hinzu. Die „Clocks“- und „In my place“-Gitarren der Vergangenheit sind zurückgefahren. Dafür klingt manches nach Dancefloor und Trip-Hop.
Vor allem die zweite Hälfte der Platte trägt diese Züge. „Every teardrop is a waterfall“ beginnt mit einem fürchterlichen Allerwelts-Disco-Beat. Es folgt eine uninspirierte Kollaboration mit Pop-Sternchen Rihanna („Princess of China“).
Und in Songs wie „Up in flames“ oder „A hopeful transmission“ haben Coldplay weitere Aussetzer der Beliebigkeit. All das macht „Mylo Xyloto“ zum unentschlossenen Album einer Band, die sich auf Biegen und Brechen weiter perfektionieren will, aber nicht so recht weiß, wie viel ihrer Stärke — die Melodie-Seligkeit — sie bereit ist, dafür zu opfern.
Denn die „alten“ Coldplay gibt es ja auch noch: in den ersten paar Songs der Platte. In jenen, an die sich Fans der ersten Stunde halten werden. In „Hurts like heaven“ oder „Charlie Brown“ springen sie einen wieder an: die großen Melodien, die einem ein Lächeln aufs Gesicht zaubern. Das beruhigt. Wenn sie wollen, können Coldplay also immer noch magisch sein.