Denkmal für Elektro-Pioniere: Kraftwerk in München
München (dpa) - Die Kultband Kraftwerk hat längst Musikgeschichte geschrieben. Seit vier Jahrzehnten feiern die Musiker weltweit Erfolge, sie gelten als Urväter unterschiedlicher Musikrichtungen von Elektro über House bis Synthie Pop.
Und jetzt sind die Elektro-Pioniere ganz offiziell zu Künstlern erhoben worden.
Das Münchner Lenbachhaus - sonst auf den Blauen Reiter spezialisiert - präsentiert von diesem Samstag an im Kunstbau eine 3-D-Videoinstallation, die zu Klassikern wie „Roboter“, „Radioaktivität“, „Numbers“ oder „Man Machine“ eine rund einstündige Musikvideo-Kollage zeigt.
„Die Idee ist, Kraftwerk einen Auftritt zu geben, genau so wie wir Kandinsky eine Retrospektive geben“, sagte Kurator Matthias Mühling am Donnerstag. Denn die Band - da ist er sich sicher - gehört in eine Reihe mit dem Blauen Reiter oder Künstlern wie Piet Mondrian. In seinem Essay „Boing, bum, tschak“ schreibt er: „Man kann Kraftwerk analog zur Geschichte der Pop-Art und des abstrakten Expressionismus erzählen.“
Schon im Jahr 2005 gelangte die Band mit ihrem Konzert bei der Biennale in Venedig in den Fokus der internationalen Kunstszene. Seitdem werden ihre multimedialen Darbietungen als künstlerische Performance, als zeitgenössische Kunst wahrgenommen. Die Schau in München ist dennoch eine spannende Premiere, weil sie die Arbeit der Musiker von der Konzertbühne holt. Die Auftritte von Kraftwerk seien „audiovisuelle Medienereignisse“, heißt es in einer Mitteilung des Lenbachhauses. Es sei an der Zeit, zu zeigen, „wie ihre Klang- und Bildwelten sowohl die Geschichte der Musik als auch die visuelle Kunst nachhaltig beeinflusst haben“.
Dank 3-D-Brille sieht der Zuschauer bei der Schau in München - wie von Kraftwerk-Konzerten bekannt - geografische Formen, Worte und Zahlen auf sich zufliegen. Im dunklen, unterirdischen Ausstellungsraum bieten leuchtende Neonfarben zu wummerndem Bass einen krassen Kontrast. Die medienscheue Band aus Düsseldorf selbst hat die Installation entwickelt - sich dazu äußern will sie aber nicht. „Wer sich ein bisschen mit Kraftwerk auskennt, weiß, dass das einfach nicht passen würde“, sagt Mühling. Schließlich hätten sich die Musiker „Entindividualisierung“ auf die Fahnen geschrieben.
Für das Lenbachhaus ist die Ausstellung auch ein Schritt in die Zukunft. Mit Musikvideos, die jeder auf YouTube ansehen könne, locke niemand junge Leute ins Museum, sagte Kunsthistoriker Mühling. Ein Museum, „dass sich glaubhaft mit den Kulturphänomenen unserer Zeit auseinandersetzen will“, müsse die audiovisuelle Kultur von heute angemessen präsentieren können. Mühling sieht das Haus damit auf dem Weg zum „Museum für die Zukunft“.