Nightwish auf cineastischen Wegen
Berlin (dpa) - Ein Soundtrack zu einem Film, den es noch gar nicht gibt. Dies wäre eine passende Beschreibung für das neue Album der finnischen Metalband Nightwish.
Sie stammt vom Frontmann der Rockformation, Tuomas Holopainen. Denn zuerst waren da die Songs der Platte „Imaginaerum“, 13 Stück, die alle eine eigene kleine Geschichte erzählen. „Zu jedem Song sollte ein Musikvideo gedreht werden - und alle Videos zusammen sollten irgendwie eine Geschichte ergeben“, erzählt Holopainen im dpa-Interview. Doch dann habe Regisseur Stobe Harju gesagt, „warum macht ihr nicht gleich einen richtigen Film? Und das haben wir dann getan“.
Das Album erscheint an diesem Freitag (2. Dezember), der Film ist gerade abgedreht, wird aber erst im April oder Mai in die Kinos kommen - nicht in die großen Multiplexe, sondern eher „in kleinere Arthouse- und Programmkinos in Finnland, Kanada, Deutschland“, dort wo die Nightwish-Fanbasis am größten ist. Ein Film nur für eingefleischte Fans? „Nein, selbst wenn Du unsere Musik nicht kennst oder sogar nicht magst, kannst Du den Film genießen. Es kommen zwar alle Lieder des Albums irgendwie vor, aber meist in stark veränderter Form, mal als Untermalung, mal als Hintergrund, mal als Soundfetzen.“
Es sei ein Fantasy-Musik-Drama, aber kein Musical („Ich hasse Musicals“) über einen alten Mann, der dement ist und seine Erinnerung verloren hat, aber in seinen Träumen an verschüttete Orte der Vergangenheit und der Fantasie reist. „Irgendwo zwischen "Big Fish" und David Lynch“ sieht Holopainen das Projekt.
3,5 Millionen Euro habe das Werk gekostet, „eine Million haben wir als Band reingesteckt“, sagt der Musiker. „Ich glaube - ehrlich gesagt - nicht, dass wir das Geld wieder reinholen. Aber wir mussten das tun, das war einfach ein großer Traum.“
Also muss die Band das Geld auf herkömmliche Weise verdienen - mit dem Album und der dazugehörigen Tournee. Und das dürfte wohl gelingen. Die 13 Songs bieten genau das, was das Fan-Herz begehrt: Harte Rockgitarren und hämmernden Metal vor symphonischer Soundkulisse, dazu die glasklare Stimme von Anette Olzon, die seit 2007 als Nachfolgerin der Sopranistin Tarja Turunen den Nightwish-Songs ihren Stempel aufdrückt.
Nur wenige Songs überraschen, so wie „Slow, Love Slow“, eine Cool-Jazz-Nummer mit hingehauchtem Refrain, wie man das finnischen Symphonie-Rockern nicht unbedingt zugetraut hätte - „für uns war das auch die größte Überraschung, denn keiner in der Band hatte bis dahin etwas mit Jazz zu tun“. Auch mittelalterliche Klänge wie in „Turn Loose The Mermaids“ oder Folk-Anleihen etwa bei „Imaginaerum“ klingen ungewohnt; die Band hat erstmals mit keltischen Instrumenten und einem Gospelchor gearbeitet. Jazz, Mittelalter, Gospel - hört man das künftig öfter? Wohl eher nicht, meint Holopainen: „Ich möchte etwas Neues machen und nicht immer wieder das Gleiche. Vielleicht probieren wir es nächstes Mal mit Rap?“
Zuerst aber feiern die Fans die Veröffentlichung des Albums, allein in Deutschland bei mehr als zwei Dutzend „Release-Partys“. Im Januar startet dann die Welttournee, die die Band im April und Mai auch nach Deutschland führt.