Nikki Yanofsky will kein Wunderkind sein
Hamburg (dpa) - Welch eine Entdeckung: Sie ist jung, hübsch und hat ein gewaltiges Stimmorgan. Gerade einmal 16 Jahre alt ist die kanadische Jazzsängerin Nikki Yanofsky und gilt vielen als Wunderkind.
Selbst Profis wie Quincy Jones sind von ihr angetan, der ihr eine gewisse Engelhaftigkeit zuspricht: „Sie muss vom Himmel gekommen sein.“ Zumindest habe sie aber schon einmal gelebt. US-Star Tony Bennett hält sie gar für die begabteste Sängerin seit Judy Garland.
Dabei ist die Frau mit den Kulleraugen keine Anfängerin. Schon seit Jahren steht sie auf der Bühne und jammte bereits mit Herbie Hancock. Angefangen hat alles mit Ella Fitzgerald: Als Elfjährige lernte Yanofsky die Musik der US-Sängerin lieben. Ein Jahr später trat sie mit ihren Songs beim Montreal Jazz Festival vor 100 000 Menschen auf.
Mit 13 Jahren folgte der Platten-Einstand mit dem Album „We All Love Ella“, auf dem sie mit Stars wie Diana Krall und Michael Bublé Songs der Jazzlegende interpretierte. Ihren 14. Geburtstag feierte Yanofsky auf der Bühne der ehrwürdigen Carnegie Hall in New York.
Mit „Nikki“ hat der braune Lockenkopf nun sein erstes Studioalbum vorgelegt, das nicht nur gestandenen Jazzern gefallen dürfte. Auf ihrem Debüt präsentiert sie bekannte Jazzstandards wie „On The Sunny Side Of The Street“ oder „Over The Rainbow“. Aber auch eher poppige eigene Songs und solche, die für sie geschrieben wurden, finden sich unter den 13 Titeln. Etwa die geschmeidig-samtige Ballade „For Another Day“ von Gitarrist Jesse Harris, der bereits Hits für Norah Jones komponierte.
Ein großes Risiko geht Yanofsky mit ihrem ersten Album indes nicht ein. Gleich zu Anfang schmettert sie den Hörern mit „Take The "A" Train“ ein eingängiges wie bekanntes Lied um die Ohren. Der 1939 von Billy Strayhorn komponierte Titel wurde bereits von Duke Ellington, Ella Fitzgerald und Bobby McFerrin interpretiert. Mit der klassischen Swing-Big-Band-Version macht sie nicht viel falsch.
Dagegen wirken die neuen, eher poppigen - wenn auch interessanten - Stücke oftmals fehl am Platze. Auch kann man ihr vorwerfen, dass sie manchmal etwas zu perfekt klingt. Noch ist wenig charakteristisch-eigenständiges zu entdecken. Ein Vorwurf, der sich aber mit den Jahren legen kann. Zeit bleibt Nikki Yanofsky allemal.
Teenager-Stars haben indes in den vergangenen Jahren immer wieder die Hoffnungen der kriselnden Musikindustrie geweckt. Mit dem Titel „Wunderkind“ lassen sich schnell Millionen machen. Prominente Vertreter sind etwa Joss Stone oder Avril Lavigne, die als 16-Jährige debütierten. Jazzkollegin Renee Olstead war gar erst 15 Jahre alt.
Auch Popstars wie Britney Spears, Christina Aguilera oder Justin Timberlake wurden schon in jungen Jahren entdeckt. Bevor sie eine Solokarriere starteten, trainierten sie in der US-Show „Mickey Mouse Club“. Dass früher Erfolg nicht jedem gut bekommt, zeigt das Beispiel Spears. Nach Jahren an der Spitze kam der Absturz: Fortan machte sie mit Alkohol- und Beziehungsskandalen von sich reden. Mit ihrem Comeback konnte sie nicht an alte Zeiten anknüpfen.
Davon wähnt sich Yanofsky jedoch weit entfernt. Die Eltern seien nie weit und hätten ein Auge auf sie, sagt sie in Interviews. Auch Starallüren seien ihr fremd. Eine fertige Sängerin sei sie noch lange nicht. „Der Tag, an dem ich glaube, die Beste zu sein, ist ein sehr schlechter Tag“, sagte die 16-Jährige im Interview mit dem US-Sender MSNBC. Die Musik sei alles, Erfolg und Geld nur zweitrangig.
Experten sagen ihr derweil eine große Karriere voraus. Immerhin: Ihrem großen Vorbild Ella Fitzgerald ist Yanofsky schon einen Schritt voraus. Die US-Sängerin war bereits 17 Jahre alt, als sie 1934 im Apollo Theater in Harlem debütierte.