Paolo Nutini: Die Mischung stimmt
Berlin (dpa) - Nichts verlernt: grandiose Stimme gepaart mit anständigen Songs. Der schottische Musiker Paolo Nutini (27) legt mit „Caustic Love“ das dritte Album seiner Karriere vor.
Nicht jedes der 13 Stücke lässt einen lang hinschlagen (wie noch beim Debut „These Streets“ 2006). Doch grundsätzlich stimmt die Mischung: jede Menge Motown, bisschen Psychedelic und Rhythm & Blues, vernuschelte Liebeslyrik, fette Bläsersätze, Schmacht-Streicher, girrende Background-Sängerinnen. Manches ist ein bisschen lang geraten, anderes allzu griffig. Doch die Scheibe lohnt das Zuhören.
Und los geht's mit einem echten Feger. „Scream (Funk My Life Up)“ ist sicher eine der besten Nummern auf „Caustic Love“ (das Englische kennt für diese Liebe gleich mehrere Deutungen - von gallebitter über ätzend bis scharf). Das Lied, eine Kapitulationserklärung vor der Frau, die ihn Halleluja schreien lässt, ist wuchtig und überaus funky (und das in Los Angeles gedrehte Schwarz-Weiß-Video sehenswert). Der Song hat das perfekte Nutini-Format: drei Minuten lang, auf den Punkt gespielt und gesungen, keine Note zu viel.
Und sonst? Da ist noch die Ballade „Better Man“. Ein bezirzender Background-Chor begleitet Nutinis beseelte Worte über eine Frau, die ihn - vielleicht - zum besseren Kerl werden lässt. Liebeslieder kann der Mann mit den italienischen Wurzeln nun wirklich. Nutini hätte übrigens auch eine Laufbahn im elterlichen Fish'n'Chips-Laden in Paisley bei Glasgow einschlagen können.
Ein bisschen (zu) bedeutungsschwanger klingt der Song „Iron Sky“: Eindringliche Gitarrenlinie, sauberer Bläsersatz und mittendrin spricht tatsächlich Charlie Chaplin eine Passage aus „Der große Diktator“. Ein Song mit dem Zeug zum Hit. Produziert hat Nutini das Album mit Dani Castelar, der auch schon mit R.E.M und Snow Patrol gearbeitet hatte.
Und dann gibt's noch Balladen wie „One Day“ und „Looking For Something“ und „Diana“ - Retro-Funk-Soul, wie er dieser Tage oft zu hören ist. „Let Me Down Easy“ ist ein gediegener Motown-Up-Tempo-Song. Und die überaus angesagte Janelle Monáe gibt ein kleines Gastspiel beim Lied „Fashion“.
„Cherry Blossom“ kommt im Psychedelic-Sound der 70er daher. Rätselhaft bleiben meist kurze Einsprengsel zwischen Tom-Waits-Geschrammel („Superfly“) und Sample-Spielereien („Bus Talk“). Rausschmeißer ist „Someone Like You“ - die Nadel des Plattenspielers eiert durch die letzte Rille.
Alles in allem ist „Caustic Love“ eine gute und gut gemachte Scheibe, für echte Nutini-Fans sowieso ein Muss. Wie gewohnt standen dem 27-Jährigen im Studio Musiker zur Seite, die ihr Handwerk verstehen. Und eine ausgezeichnete Band ist auch auf der Tour zu erwarten.
Live ist der gut anzuschauende Kerl mit dem jungenhaften Auftreten noch ein ganz anderes Kaliber. Unglaublich präsent und stark vor allem in kleinen Hallen: hingehen!
Konzerttermine: 7.5. Hamburg - Docks, 8.5. Köln - E-Werk, 9.5. München - Backstage Werk