Paul McCartney: Liebhaber gemischter Stile

Der Musiker bringt mit dem Produzenten „Youth“ als „The Fireman“ das Album „Electric Arguments“ heraus.

Düsseldorf. Ein ehemals unbekannter Feuerwehrmann macht zurzeit in der Musikbranche Furore. Hinter der Bezeichnung "The Fireman" verbirgt sich niemand Geringeres als Paul McCartney. Der 66-Jährige traf sich mit dem Produzenten "Youth" an zwölf Tagen in diesem Jahr in einer alten englischen Mühle. Jeden Tag nahmen die beiden jeweils nur ein Lied auf. Herausgekommen ist das Album "Electric Arguments".

Bereits 1993 und 1999 wurden CD’s unter diesem Bandnamen veröffentlicht. Diese blieben allerdings unentdeckt und erfolglos. Sie waren reine Instrumentalwerke. Jetzt aber, da Paul McCartneys Stimme zu hören ist, wurde das Geheimnis prompt gelüftet. Inzwischen hat die Plattenfirma sogar Aufkleber mit dem berühmten Namen auf die Plastikhüllen der Tonträger kleben lassen.

Die Kritiker bleiben aber auch nach der Enthüllung der ganzen Wahrheit skeptisch. Viele bemängeln, dass hier nur ein ungeordnetes Sammelsurium präsentiert wird. Der erste Eindruck gibt diesem Urteil recht. Eine Prise Pop, eine Messerspitze Rock, ein Löffelchen Blues, ein Häufchen Ballade.

Mancher Song hört sich an wie vom seligen Jimi Hendrix gespielt. Die Hymne "Sing the changes" hätten auch die Scorpiens pfeifen können. Und "Don’t stop running" ist durchaus geeignet, in einem Esoterikladen zu laufen.

Aber nicht nur stilistisch bleibt die CD beliebig. McCartney erklärt in Interviews, dass er bei den Aufnahmen seine Stimme verstellte. Dadurch wollte er nicht nur seine Anonymität gewährleisten, sondern auch einmal bewusst in andere Rollen schlüpfen. Tatsächlich klingt der ewige Beatle bei dem Titel "Two magpies" schmalzig wie Brian Ferry von Roxy Music. Auf "Travelling Light" grölt und rülpst der Sänger ins Mikro wie ein Tom Waits. Doch wie sehr er sich akustisch auch verkleiden mag, immer bleibt ein Hauch von "Yesterday" im Ohr.

Auch textlich wollte der Feuerwehrmann seine Identität verbergen. Statt selbst zur Feder zu greifen, schnibbelte er Textfetzen von anderen Poeten zusammen. Er bediente sich bei William S. Burroughs und Allen Ginsberg, gibt er freimütig zu. Ähnlich verhielt es sich mit der Gestaltung der CD-Hülle. McCartney traf sich mit Weggefährte Youth, beide pinselten mit grellen Farben drauf los.

Die Designer mussten nur noch Bildausschnitte zusammenfügen. Musikalisch und graphisch handelt es sich bei "Electric Arguments" also um eine Montage. Paul McCartney, der schon bei manchem Beatles-Song schlichtweg alles spielte, bedient auch bei seiner jüngsten Veröffentlichung das gesamte verwendete Instrumentarium. So sind die Aufnahmen sehr kompakt und harmonisch geraten aber frei von solistischer Virtuosität.

Aber welche Rolle spielt die andere Hälfte von "The Firemen"? "Youth" heißt mit bürgerlichem Namen Martin Glover. Der 47-Jährige produzierte das Album. Aber auch Glover ist Musiker. Ab 1979 zupfte er den Bass in der Punkband "Killing Joke". Später gründete er diverse Plattenfirmen und war Produzent vieler populärer Gruppen wie Take That, Wet Wet Wet und Tom Jones.

Maßgeblich beeinflusste er die elektronische Trance-Music der Achziger Jahre. Zwei erfolgsverwöhnte Repräsentanten zweier unterschiedlicher Generationen treffen also bei "The Firemen" aufeinander. "Youth" mag sich durch die Zusammenarbeit mit Sir McCartney geadelt fühlen.

Aber warum macht der Komponist einiger der wichtigsten Lieder des letzten Jahrhunderts bei diesem Projekt mit? Der ewig nette Junge von Nebenan beteuert in Gesprächen ständig, dass er mit dieser Produktion nun endlich keine Rücksicht mehr nehmen muss, dass er nun endlich das singen und spielen kann, was er will. Für einen der reichsten und erfolgreichsten Musiker der Welt ist dies eine bemerkenswerte Aussage. Ist der Traumschwiegersohn etwa in die Pubertät gekommen?