Philipp Stölzl macht wieder Oper

Berlin (dpa) - Er will junges Publikum für klassisches Musiktheater begeistern: Regisseur Philipp Stölzl bringt „Orpheus in der Unterwelt“ in Berlin als „Operette in Schrammelformat“ auf die Bühne.

Er hat Videos für Madonna und Rammstein gedreht, das Alpen-Epos „Nordwand“ und die Film-Biografie „Goethe!“: Der Regisseur Philipp Stölzl (44) gilt als Fachmann für großes Kino. Doch nicht nur: Die Berliner Staatsoper Unter den Linden bringt an diesem Freitag Jacques Offenbachs „Orpheus in der Unterwelt“ als „Operette in Schrammelformat“ auf die Bühne, wie Stölzl die Bearbeitung dieses Klassikers der leichten Muse beschreibt. „Ich wollte etwas mit Leichtigkeit und Freude am Flapsigen machen“, sagte Stölzl, der zuletzt in Berlin Richard Wagners „Rienzi“ an der Deutschen Oper inszeniert hatte.

Der Regisseur und Bühnenbildner, ein Quereinsteiger in der Opernwelt, will das junge Publikum für das klassische Musiktheater gewinnen. „Wir müssen den Mut haben, Opernmusik nicht wie Moses die Zehn Gebote als in Stein gemeißelte Wahrheiten vor uns zu tragen“, sagt Stölzl. „Die Oper muss sich verändern, wenn sie möchte, dass jüngere Generationen den Weg hineinfinden.“

„Wir sind alle mit dem Kino aufgewachsen und haben diese große amerikanische Kunst des Verdichtens von Geschichten aufgesogen. Deswegen müsste auch die Oper flexibler mit Text und Musik umgehen.“ Eine Kürzung etwa bei Wagners Oper „Parsifal“, die er 2012 in Berlin inszeniert, komme allerdings nicht infrage. „Wagner ist ein Planet mit eigenen Gesetzen“.

Für Stölzl ist Offenbachs Operette um das antike Liebespaar Orpheus und Eurydike zuallererst schräge Unterhaltung - aber mit Tiefgang und Bezug zum Publikum. „Es geht um Ehe, Treue und vor allem ums Fremdgehen. Das betrifft 90 Prozent der Zuschauer ja ganz persönlich“.

Gemeinsam mit dem musikalischen Leiter Christoph Israel und dem Autor Thomas Pigor hat Stölzl Offenbachs Operetten-Nummern umgestellt und Passagen umgeschrieben und aktualisiert. „Eine Operette darf und muss ja zeitspezifisch sein“. Direkte politische Anspielungen, wie sie Offenbach vor 150 Jahren eingebaut hat, wurden allerdings gestrichen. „Tagessatire kann das Kabarett besser als die Oper“. Das Orchester wurde auf eine Band von zwölf Musikern abgespeckt.

Auch vor einer Besetzung gegen den Strich macht Stölzl nicht halt. Als Pluto, der Gott im Halbdunkel, tritt Ben Becker auf, Gustav Peter Wöhler ist Götter-Chef Jupiter, Hans-Michael Rehberg spielt den Styx und Stefan Kurt in der Titelrolle soll die Texte mit vielen „dadaistischen Wortverdrehungen“ vortragen. Als einzige Opernsängerin tritt Evelin Novak als Eurydike auf.

Gespräch: Esteban Engel