Roter Teppich beim „Wunder“: Petticoats und Posen
Hamburg (dpa) - Für Michelle Hunziker spielt sich an diesem Abend das Wunder nicht auf der Bühne ab, sondern geht sprichwörtlich durch den Bauch. Sichtbar glücklich tätschelt die blonde Moderatorin vor den Fotografen die Rundung unter ihrem schwarzen Abendkleid.
„Es wird ein Mädchen“, verkündet Hunziker am Rande, „wegen des Namens sind mein Mann und ich aber noch nicht so sicher. Emotional muss er uns beide treffen“, sagt die Mutter der Töchter Sole und Aurora.
Auch Catwalk-Trainer Jorge Gonzalez kontert mit Posen. In einer kirschroten Jacke, mit bunt gemusterten Leggins und futuristisch goldenen High-Heels kokettiert er vor den Kameras, senkt das Bein, hebt es. Blick zur Seite. Lächeln. Abgang. Denn im Hintergrund schwellen die Stimmen an. Die Vorstellung hat da bereits begonnen.
Die ersten Gehversuche auf dem roten Teppich der Weltpremiere von „Das Wunder von Bern“ in Hamburg machen andere. Etwa der Nachwuchs von Moderator Yared Dibaba. Ganz unscheinbar treten seine 7 und 13 Jahre alten Söhne jedoch nicht auf. Für die Gala haben sie sich mit Fliege und Jackett herausgeputzt. Eines haben sie dem Papa sogar voraus: „Fußball spielen die inzwischen besser als ich“, scherzt Dibaba.
Die Schauspielerin Nina Bott lässt sich in doppelter männlicher Begleitung über den Roten Teppich führen. „Mein Sohn ist ja nicht wegen des Gesangs hier, sondern weil er mit wahrhaftigen Fußballszenen rechnet“, meint Bott. Und mit Blick zu ihrem Partner: „Es ist für alle Frauen das erste Musical in Deutschland, bei dem die Männer freiwillig mitkommen.“
Auch Horst Eckel - deutscher Fußball-Weltmeister von 1954 - sagte sofort zu. „Egal, wo ich hinkomme, heißt es: Der Weltmeister kommt. Es ist ein tolles Gefühl, dass man nach so vielen Jahren noch erkannt wird“, sagt der 82-Jährige. „Nach dem Krieg waren wir am Boden zerstört. Dann kommt eine Fußballmannschaft daher und wird Weltmeister. Da hat man gemerkt, dass ein Ruck durch die Menschen in Deutschland geht.“
Andere scheinen nahezu erleichtert, im Windschatten der Stars fast unbemerkt am Blitzlichtgewitter vorbeiziehen zu können. Der ehemalige „Tarzan“-Hauptdarsteller Alexander Klaws freut sich, sich in einem Musical endlich einmal „total entspannt zurückzulehnen“ und den Abend genießen zu können.
Nach der Vorstellung sind sich viele Prominente einig: „Es ist der Hammer, ich habe immer noch Herzklopfen“, sagte Michelle Hunziker. „Ich habe viele Musicals in meinem Leben gesehen. Aber das „Wunder von Bern“ ist jetzt Platz eins.“
Der Sänger Jürgen Drews ist zu Tränen gerührt. „Ich habe noch nie geheult von einem Musical und nicht erwartet, dass mich das so thrillt. Das hat mich wirklich emotionalisiert, vom Feinsten.“ Auch Jorge Gonzales ist begeistert: „Überraschend pur, ein richtig schönes Musical, für die ganze Familie. Und nicht nur für die, die denken, es gehe nur um Fußball. Nein. Das ist deutsche Geschichte.“
Wieder andere sind der Premiere ganz fern geblieben. „Sky hat Rücken“, wird in einer Promi-Traube über das Verletzungspech von Schauspieler Sky Du Mont getuschelt. Dafür konnte er zu Hause einen anderen Fußballsieg am Fernseher verfolgen: Der Hamburger SV gewann im Nordderby gegen Werder Bremen 2:0.