57th & 9th Sting entdeckt mit 65 den Spaß an Rock-Musik wieder

Berlin (dpa) - Sting ist zurück mit einem neuen Album - und nach allerlei Experimenten über mehr als ein Jahrzehnt hinweg ist es auf einmal voller Rockmusik.

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Geschrieben und aufgenommen innerhalb von zwei Monaten, erinnern die Songs von „57th & 9th“ mit viel E-Gitarre an die gradlinige Energie des jungen Sting aus Police-Zeiten. Dabei ist der Mann jüngst 65 geworden.

Er habe seine Fans überraschen wollen, sagt Sting. Sein vergangenes typisches „Sting-Album“ mit der Mischung aus Rock und Jazz und Pop als Markenzeichen liegt nunmehr 13 Jahre zurück. Seitdem gab es Alben mit mittelalterlichen Balladen und Liedern über den Winter, Auftritte mit einem Sinfonieorchester und zuletzt ein Musical über Werftarbeiter. „Vielleicht haben die Leute jetzt mit mehr davon gerechnet. Aber ich wollte sie überraschen, damit sie sagen: Oh, das habe ich jetzt nicht erwartet“, sagt Sting.

Benannt ist das Album nach einer Kreuzung unweit seines New Yorker Studios, an der er während der Aufnahmen täglich vorbeiging. Das Album handele zwar nicht von New York, aber die Stadt habe ihm einen Stempel aufgedrückt, genauso wie die kurze Aufnahmezeit. „Das Album hat eine einfache Energie in sich, die es nicht gehabt hätte, wenn ich mir mehr Zeit genommen hätte.“

Zurück ist auch der Sting, der politisch gefärbte Lieder schreibt. Einst ging es dabei in den 80er Jahren um die Angst vor dem Atomkrieg und um die Opfer der Diktatur in Chile. Auf dem neuen Album gibt es einen Song aus der Perspektive eines Flüchtlings und einen über den Klimawandel. „Ich predige nicht von einer Seifenkiste. Ich will unterhalten“, versichert der einst als arrogant kritisierte Brite. „Man kann die Songs auch hören, ohne auf die Texte zu achten. Aber wer zuhört, findet darin hoffentlich einen tieferen Sinn.“ Er habe zwar auch keine Antwort auf die Probleme parat. „Ich weiß nur, dass sie auf Mitgefühl aufbauen muss. Dem Verständnis, dass wir selbst in diesen Booten sein könnten. Ich könnte ein Vater und Ehemann mit meiner Familie in einem dieser Boote sein.“

Als weiteres politisches Statement wird Sting einen Tag nach Erscheinen des neuen Albums bei der Wiedereröffnung des Pariser Konzertsaals Bataclan spielen, der seit den Terroranschlägen vor einem Jahr geschlossen war.

Als vor drei Jahren sein Musical „The Last Ship“ herauskam, erzählte Sting noch, die von seinen Kindheitserinnerungen inspirierte Geschichte über Werftarbeiter, die ein letztes Schiff für sich selbst bauen wollen, habe ihm geholfen, eine Schreibblockade zu durchbrechen. Jetzt deutet er an, damals zumindest etwas übertrieben zu haben, als er Aufmerksamkeit für das Bühnenstück gewinnen musste: „Ich glaube, Schreibblockade ist ein ziemlich dramatisches Wort, das nicht so nah an der Realität war, auch wenn ich selbst darüber gesprochen habe.“

Einen Druck, in der heutigen Musikbranche jugendlicher zu wirken, verspüre er nicht, sagt Sting. „Ich muss nur mir selbst treu bleiben.“ Er habe nicht das Gefühl, mit jemandem im Wettbewerb zu stehen. „Ich mache Sting-Alben. Ich habe keine kommerziellen Ziele. Ich folge meiner Neugier.“