Krisengespräch in Mannheim Streit um Song: Statement von Xavier Naidoo

Mannheim (dpa) - Nach einem stundenlangen Krisengespräch über den skandalträchtigen Song „Marionetten“ prescht Xavier Naidoo vor.

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Weich im Ton, aber hart in der Sache verteidigt der umstrittene Sänger der Söhne Mannheims sein Lied, das ihm wegen drastischer Politikerkritik seit Wochen schwere Vorwürfe einbringt. Bereits am frühen Dienstagmorgen ergreift der 45-Jährige über Facebook erstmals das Wort in der Sache.

Das Lied sei zugespitzt und vielleicht missverständlich, aber die Vorwürfe von Rechtspopulismus seien längst von ihm klargestellt, meint Naidoo. Ob er das „Missverständnis“ bedauert, verrät er nicht. Für mitteilenswert hält er: „Das Texten fällt mir erfreulicherweise leicht.“ In „Marionetten“ heißt es über Politiker etwa: „Teile eures Volks nennen euch schon Hoch- beziehungsweise Volksverräter.“ Der Sänger nennt das eine „bewusst überzeichnete“ Zustandsbeschreibung.

Eigentlich war nach einem mehr als dreistündigen Krisentreffen der Popgruppe mit Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) am Vorabend angekündigt worden, dass die Stadt Mannheim und ihre derzeit wohl berühmtesten Söhne zeitgleich an die Öffentlichkeit gehen. Diese Erklärungen kommen später - und deuten zumindest eine Annäherung an. Die Stadt spricht von einem offenen, ernsthaften Gespräch. Die Band zeigt sich „traurig über die entstandenen Irritationen“ und distanziert sich von der „Vereinnahmung unserer Musik durch Feinde der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit“.

Fast wie eine Geheimoperation hatten Kurz und die Söhne Mannheims ihr Treffen geplant. Statt wie angekündigt im Rathaus der nordbadischen Stadt, lief die Diskussion am Abend in einem riesigen Büroturm am Neckar-Ufer ab. Wie in einem Agenten-Thriller fuhr die Band in einem Kleinbus mit verdunkelten Scheiben in die Tiefgarage des Colloni-Centers und dann im Aufzug in abgeschirmte Räume. Dort wartete der Oberbürgermeister mit drei Mitarbeitern.

Mit Nachdruck hatte Kurz von der Band eine Klarstellung für „antistaatliche Aussagen“ in den Texten gefordert. In Marionetten“ heißt es über Politiker unter anderem auch: „Als Volks-in-die-Fresse-Treter stoßt ihr an eure Grenzen“ oder „Wenn ich so ein'n in die Finger krieg', dann reiß' ich ihn in Fetzen. Und da hilft auch kein Verstecken hinter Paragraphen und Gesetzen“.

Von einem „intensiven Gespräch“ berichten Teilnehmer des Treffens. Es seien Tränen geflossen, und es habe tröstende Umarmungen gegeben. Die Stadt würdigt, was die bisher erfolgreiche Band für die Kommune getan hat. „Hier war gemeinsam - zu denken ist beispielsweise an die Ansiedlung der Popakademie - viel erreicht worden“, betonte Kurz.

Keinen Zweifel lässt die Stadt aber an ihrer Einstellung zu dem Lied: „Mit 'Marionetten' haben die Söhne einen Song veröffentlicht, dessen Inhalt in den Medien wie in dem gesamten politischen Spektrum inklusive der Rechtsextremen nahezu einheitlich bewertet und verstanden wird. Er wird in Anspruch genommen von Bewegungen wie den Reichsbürgern, die die Existenz unseres Staates verneinen oder solchen, die sich gegen die Werte des Grundgesetzes stellen.“

Die Gruppe um Naidoo machte sich am Dienstag auf den Weg in die Schweiz zu weiteren Konzerten ihrer Tournee. Das Lied „Marionetten“ erklingt bei den Gastspielen nicht, es stand von vornherein „aus musikalischen Motiven“ nicht auf der Liste. Für viele Fans der Gruppe scheint der Streit sowieso ein nachrangiges Thema. Die meisten Konzerte sind ausverkauft, und die Kommentare auf der Internetseite der Band sind voller Zustimmung für die Musiker.

In Mannheim hieß es, das Vertrauen sei zwar nicht zerstört, aber angeknackst. Angesichts der Aufregung legen beide Seiten einige Projekte anscheinend vorerst auf Eis. Auf der Internetseite der Söhne fehlte etwa ein Hinweis auf das Jubiläum des Fahrrads, das vor 200 Jahren in Mannheim erfunden wurde. Das Lied zu den Feiern, „Willst du mich begleiten?“, hatte die Band erst vor kurzem komponiert.