Mit der Zeile "Hey hey hey, ich bin jetzt alt", eröffnet der Wahl-Berliner am Donnerstagabend die Zwei-Stunden-Show im Kölner E-Werk. Und ein Blick ins Rund reicht, um zu wissen, dass nicht gerade wenige Zuhörer bereits aufgegeben haben, das Resthaar seitlich zu scheiteln.

Die Band, die in den Anfangsjahren eher einfache Töne schrammelte und zuhauf Slogans für Heranwachsende lieferte, fordert das Publikum mit den Songs ihrer zehnten Studioplatte "Wie wir leben wollen" mehr denn je.

Bei Lowtzows Versuch, das Stück "Ich will für dich nüchtern bleiben" anzukündigen, meint ein Gast, er müsse sich dem verweigern und "Schnauze!" rufen. Lowtzow gerät vor lauter Überraschung - weil die Bühne ausschließlich dem Künstler gehört - verbal ins Straucheln. Dann haut er einfach in die Saiten.

Was das Publikum an diesem Abend erlebt, ist eine Band, die kein Stück altersmilde geworden ist. Im Gegenteil: Die sogenannte Hamburger Schule brennt lichterloh.

Wer zu Tocotronic geht, der weiß, dass Lowtzow dem Publikum nun mal sagt, dass es "süß" sei und er sein "Gläschen" auf Köln erhebe. Dafür spuckt er in "Meine Freundin und ihr Freund" immer noch Gift und Galle gegen Cineasten. Und das wunderbare "Abschaffen" kündigt der Sänger mit sonorer Stimme als Lied "gegen den Tod - die Sau!" an.

Dass die 22 Songs lange Setlist vier Stücke aus der Frühphase vorsieht, fällt klanglich überhaupt nicht ins Gewicht. "Freiburg" rotzt die Band nicht mehr nur wütend hin. Lowtzow und Rick McPhail locken das Publikum mit ihren Gitarren stattdessen in einen düsteren Kosmos.

Stillstand ist verboten. Dreimal (!) kommt die Band zurück auf die Bühne. Am Ende heißt es: "Let there be rock". Das haben sich Tocotronic selbst aufgebaut.