Tokio Hotel starten Comeback mit Clubtour
Frankfurt/Main (dpa) - Das Konzert im Frankfurter Gibson ist ausverkauft, aber es ist nur ein Club und nicht wie früher die größte Halle der Stadt.
Die weiterhin zum Großteil jungen weiblichen Fans kreischen, aber das Geschrei ist sehr zurückhaltend und wohldosiert - nicht mehr wie damals ohrenbetäubend und durchgehend.
Nachdem die Band aus Magdeburg sich mehrere Jahre lang vor der Hysterie um sie nach Los Angeles zurückgezogen hat, lassen die mittlerweile 25-jährigen Zwillinge Bill und Tom Kaulitz sowie ihre Mitstreiter Georg Listing (Bass) und Gustav Schäfer (Schlagzeug) bei ihrem Comeback alles eine Nummer kleiner angehen.
Ob der Weg der einstigen Teenieschwärme zurück zu den Fans über intime Clubs so ganz freiwillig gewählt wurde, darüber darf spekuliert werden. Anfang des Jahres hatte die „Bild“-Zeitung berichtet, das vierte Studioalbum „Kings of Suburbia“ der 2001 gegründeten Gruppe, die sich von ihren rockigen Wurzeln hin zum scheinbar trendigen Elektropop begeben hat, sei ein Ladenhüter.
Von der Hysterie um die Musiker, die 2005 mit ihrem Debütalbum „Schrei“ den Durchbruch schafften und mit insgesamt sieben Millionen weltweit verkauften Alben als eine der kommerziell erfolgreichsten deutschen Bands der letzten Jahre gelten, ist jedenfalls kaum noch etwas zu spüren. Im Vergleich zu früher verfolgen die Fans das Bühnengeschehen beim Tourauftakt über weite Strecken fast regungslos. Zwar wird eifrig mitgesungen, aber irgendwie singt jede der jungen Frauen eher ganz dezent für sich - und nicht wie einst im gemeinsamen Chor der Glückseligkeit. Richtig laut wird es nur, als Bill ankündigt, „einen ganz alten Song“ zu singen: „Rette mich“, eine Hymne vom allerersten Album.
Knapp neunzig Euro haben die Konzertgänger für ein reguläres Ticket bezahlt. Auch Spezialpakete zu 150 bis 1850 Euro sind komplett ausverkauft. Die Palette der dafür erkauften Extras reicht von Vorzugsplätzen im Club über spezielle Souvenirs, kurze Treffen inklusive Fotos mit der Band bis hin zu dem großen Moment, bei einem Song zu Sänger Bill auf die Bühne zu dürfen.
Ob mit oder ohne VIP-Paket, die Anhänger der Band bekommen knapp eineinhalb Konzertstunden geboten. Allein die vier verschiedenen Outfits des Sängers, auf den sich das Geschehen konzentriert, sorgen jedoch für Abwechslung. Nach einem sehr langen Intro erscheint Bill, der auch mit nun blondierten und gegelten Haaren mit seinem androgynen Image spielt, hinter einem transparenten Vorhang zunächst mit Krone auf dem Kopf in einem goldglitzernden Fantasykostüm, das auch Michael Jackson gestanden hätte. Es folgt ein schwarzer Ganzkörperanzug mit Neonstreifen, später ein weites weißes Hemd und schließlich ein roter üppiger Mantel mit Leopardenshirt.
Von kurzen Ausflügen in die Welt des Rocks und der Balladen abgesehen, gibt der neue Elektropop-Sound den Ton an. Der derzeit schwer angesagte Musikstil klingt bei Tokio Hotel eingängig, bisweilen aber auch eintönig. Wenn jedoch live nicht einmal wie in den aktuellen Musikvideos der Band erotisch aufgeladene Fantasiewelten wenigstens für etwas Aufsehen sorgen, bleibt nicht mehr wirklich viel übrig, was begeistern könnte.
Die nun gestartete Clubtour soll der Anfang der Rückkehr von Tokio Hotel sein. Im Sommer soll eine Welttournee folgen. Ob die nach einer solch langen Pause ein Erfolg wird, ist noch offen. Vielleicht müssen sich die jungen Männer auch an den Gedanken gewöhnen, künftig mehr Zeit für ihre Bulldogge Pumba zu haben. Die gab es am Souvenirstand als Plüschtier zu kaufen - für 40 Euro geradezu ein Schnäppchen im Vergleich zu den Ticketpreisen.