Girlies, Salto, Genremix Twenty One Pilots starten Deutschland-Tour

Hamburg (dpa) - Die Twenty One Pilots sind sowohl hinter als auch auf der Bühne ein spezielles Erlebnis. In ihrer Künstlergarderobe der Sporthalle Hamburg geben Tyler Joseph (27) und Josh Dun (28) der Deutschen Presse-Agentur am Montag mit Superstar-Attitüde ein absurdes Interview, in dem sie jede Frage gelangweilt so sinnfrei wie möglich beantworten.

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„Ich vergleiche unseren Musikstil mit dem Sound, wenn man zwei Stühle gleichzeitig die Treppe runterschmeißt“, meint etwa Sänger Joseph. Für ein Foto zieht er sich die Wollmütze über die Augen und weigert sich, sie hochzuziehen. Stärker sind eher ihre Auftritte auf der Bühne. Das zeigt später am Abend der Start ihrer seit Monaten ausverkauften Deutschland-Tour.

Die jungen Männer aus Columbus im US-Bundesstaat Ohio eröffnen den 100-minütigen rastlosen Zwischenstopp ihrer „Emotional Roadshow World Tour“ in schwarzen Sturmhauben und roten Smokings. Längst sind sie Fashion-Vorbilder. Scharenweise Teeniemädchen im Publikum haben sich blutunterlaufene Augen geschminkt, das ist das Markenzeichen von Drummer Dun. Die Teeniejungs tragen rote Wollmützen oder weiße Sonnenbrillen als Joseph-Lookalikes. Auch die Skelette in der Menge haben nichts mit Halloween zu tun - die Knochen-Overalls sind ein typisches Bühnenoutfit der Twenty One Pilots.

Ihre Musik ist in etwa Rap-Hiphop-Electro-Pop-Indie-Rock - wie eine wilde Mixtur aus Green Day, Eminem und den Pet Shop Boys. Alles sehr tanzbar. Das Multitalent Joseph rappt, spielt Klavier und zu „House of Gold“ im Blumenhemd Ukulele. Dun, der manische Drummer mit neu gefärbten blutroten Strähnen, greift für die Ska-Rhythmen von „We don't believe what's on TV“ zur Trompete. Reggae gibt's bei „Ride“, das wie der andere große Charthit „Stressed Out“ vom internationalen Durchbruch-Album „Blurryface“ stammt.

Dieses Sammelsurium an Genres ist ein Grund dafür, weshalb das Publikum bei „T.O.P.“, so der Band-Spitzname, so seltsam heterogen ist. In den ersten Reihen dominieren die U-18-Mädchen, die seit mittags vor der Halle campieren und „Süüüüüüß!“ schreien, als Tyler Joseph seine Sturmhaube abzieht. Auf den Sitzplätzen schwofen aber auch Ü-30- und Ü-40-Pärchen mit. Alle Generationen aktivieren romantisch die Taschenlampen ihrer Handys - statt eines Feuerzeugs.

Zum Gesamtkunstwerk wird die Show aber erst dadurch, dass Twenty One Pilots, unterstützt von zwei Tänzern in Gasmasken, die ganze Halle bespielen und möglichst vielen ihrer 7000 Anhänger so nah wie möglich kommen. Dazu gehört nicht nur eine Zweitbühne mitten im Innenraum. Einmal stellt sich Joseph einfach auf die Front-Menge und lässt seine Füße und Beine von den Girlies halten, während er singt. Später rast er in einer großen roten Blase akrobatisch über die Köpfe des Publikums. Ein Sitzplatz-Fan raunt seiner Freundin zu: „Überleg mal, wie fit die sein müssen. Der rennt ja nur hin und her!“ Dun, der Drummer, beweist seine Fitness mit einem Rückwärtssalto vom Klavier.

Er bekommt auch ein mobiles Schlagzeug auf einer kleinen Plattform gereicht, auf der er von den Zuschauern getragen wird. Im Finale trommeln beide Bandmitglieder auf ihren wackligen Plattförmchen. Am Ende machen sie eine richtige Theaterverbeugung, und die sehr gläubigen Christen verschwinden voller skurrilem Pathos zu Celine Dions „My Heart will go on“. Die Interviews mit diesem Duo mögen ungewöhnlich sein, ihre Bühnenshows aber sind etwas Großes.

Die weiteren drei Stationen der Deutschland-Tour sind: Berlin (2. November/Max-Schmeling-Halle), München (8. November/Zenith) und Düsseldorf (9. November/Mitsubishi Electric Halle).