Vor zehn Jahren starb Johnny Cash
New York (dpa) - Auf einen Notizzettel schrieb Cash einst eine Aufgabenliste: „1. Nicht rauchen, 2. June küssen, 3. Niemand anders küssen, 4. Husten, 5. Pinkeln, 6. Essen, 7. Nicht zu viel essen, 8. Sorgen machen, 9. Mama besuchen, 10. Klavier üben“.
Als letztes ist vermerkt: „Keine Notizen machen.“
Die inzwischen berühmt gewordene Liste gibt den wohl besten Einblick in die Lebensphilosophie des Country-Stars, der am Donnerstag (12. September) vor genau zehn Jahren starb. Trotz seines weltweiten Erfolgs, trotz Alkohol- und Drogenproblemen, Tablettensucht und schwerer Krankheit blieb Cash bodenständig und bescheiden - und zeigte sich stets voller Ironie und Witz.
1932 in ärmlichen Verhältnissen im US-Bundesstaat Arkansas geboren, wurde J. R. „Johnny“ Cash zu einem der erfolgreichsten, meistgefeierten und einflussreichsten Country-Stars aller Zeiten - dokumentiert auch in dem oscargekrönten Erfolgsfilm „Walk the Line“ von 2005. Cash schrieb Hunderte Songs, veröffentlichte dutzende Alben, spielte für US-Präsidenten und in Gefängnissen gleichermaßen, gewann unzählige Auszeichnungen und beeinflusste Künstler wie Bob Dylan oder die Band U2 mit seinem speziellen Stil, einer Mischung aus Country, Rock and Roll, Blues, Folk und Gospel. Cashs Stimme sei „die männlichste der ganzen Christenheit“, soll U2-Frontmann Bono einmal gesagt haben. „Jeder Mann weiß, dass er eine Memme ist verglichen mit Johnny Cash.“
Songs wie „Ring of Fire“, „Folsom Prison Blues“ oder „I Walk the Line“ wurden zu Klassikern. „"I Walk the Line" war eigentlich ganz einfach zu schreiben“, erinnerte sich Cash einmal in einem Interview mit dem Nachrichtensender CNN. „Ich hatte ein kleines Aufnahmegerät, da habe ich mich beim Gitarre spielen aufgenommen und dann geriet das Band irgendwie verkehrt herum rein - und was es dann abgespielt hat, war auf einmal irgendwie genau der Sound, den ich wollte. Der hat mich dann verfolgt, genau wie diese Verse: "Because you're mine, I walk the line". Das kam einfach immer wieder in meinen Kopf.“
Cashs Eltern waren Bauern und zogen auf ihrem Hof insgesamt sieben Kinder groß. Cash half auf den Baumwollfeldern, spielte früh Gitarre und trat mit 18 Jahren der US-Luftwaffe bei. Unter anderem war er drei Jahre lang im bayerischen Landsberg am Lech stationiert, wo er seine erste Band „Landsberg Barbarians“ gegründet haben soll.
Zurück in den USA spielte der Sänger mit den schwarzen Haaren und der markanten Nase in verschiedenen Bands, bekam vier Töchter mit seiner ersten Frau Vivian, und tourte durch die Clubs in Memphis. Um den von ihm gewünschten Gitarren-Sound zu erreichen, klemmte er ein Stück Papier hinter die Saiten. „Boom-Chicka-Boom“ wurde das spezielle Cash-Schnarren später getauft. Cash wurde von Sun Records unter Vertrag genommen, die gerade Elvis Presley zum Star gemacht hatten, und hatte bald auch selbst seinen ersten Nummer-Eins-Hit und Grundstein für eine Weltkarriere: „I Walk the Line“.
Er habe einfach immer Musik im Kopf, sagte der rastlose Cash einmal. „Entweder singe ich, oder ich höre einen Rhythmus in meinem Kopf, oder ich schreibe einen Song.“ Dem Country als grundlegendem Stil blieb er dabei stets treu. „Diese Musik spricht einfach unsere fundamentalen Gefühle an - Emotionen, Liebe, Trennungen, Hass, Tod, Mama, Apfelkuchen und all das.“
Wegen seiner meist schwarzen Kleidung wurde Cash bald als „Man in Black“ bekannt. „Das ist einfach gemütlich. Aber im Sommer ist auch Hellblau gemütlich.“ Cash wurde immer erfolgreicher, spielte vor riesigen ausverkauften Hallen (die berühmt gewordenen Eröffnungsworte von jedem seiner Konzerte lauteten: „Hello, I'm Johnny Cash“) und arbeitete auch als Schauspieler und TV-Moderator. Aber der Stress machte ihn krank. Der Country-Sänger kämpfte gegen Alkoholprobleme, Drogen- und Tablettensucht, bekam später mehrere Lungenentzündungen, wurde fast blind und schließlich mit einer unheilbaren Erkrankung des Nervensystems diagnostiziert.
Da war Cash schon seit mehr als drei Jahrzehnten mit der Liebe seines Lebens, der Sängerin June Carter, verheiratet. Die beiden traten auch gemeinsam auf und gelten als eines der bekanntesten Liebespaare der Country-Geschichte. Im Mai 2003 starb June - und Johnny nur vier Monate später. „Gott hat mir das Leben auf einem goldenen Teller serviert“, sagte Cash wenige Jahre vor seinem Tod. „Es war wunderschön.“