Interview WZ-Interview: James Blunt wird inspiriert vom Familienleben

Vor dem Start seiner Welttour spricht der Musiker über seine Kindheit in Deutschland, seinen neuen Stil und das Dasein als Vater.

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Düsseldorf. James Blunt startet seine „The Afterlove“-Welttour im Oktober in Deutschland. Noch ist der britische Singer-Songwriter mit seinem Freund Ed Sheeran auf dessen Tour unterwegs in den USA — als Opening Act. Wir erreichen Blunt, der auch für seine selbstironischen Tweets bekannt ist, in einem Hotelzimmer.

Mr. Blunt, wollen wir Deutsch sprechen? Sie haben ja in jungen Jahren eine Zeit lang in Soest gelebt, als ihr Vater bei der Rheinarmee stationiert war.

Blunt: Nein, nein, Entschuldigung, aber mein Deutsch ist nicht so gut (auf Deutsch). Da war ich so zehn, elf Jahre alt. Im Restaurant spreche ich ein bisschen Deutsch. Mehr geht nicht.

Haben Sie noch Freunde oder Verwandte hier?

Blunt: Oh, ja! Ich habe Freunde in Berlin, Hamburg, Halle und Oberhausen. Deshalb freue ich mich ja auch so sehr darauf, nach Deutschland zu kommen. Ich trete hier öfter auf als in allen anderen Ländern der Welt.

Wo sind Sie jetzt zu Hause?

Blunt: Ich toure dreieinhalb Monate mit Ed Sheeran durch Amerika. Mein Zuhause ist also der Tour-Bus. Ich probe in Amerika, um dann Deutschland zu rocken.

Ich meinte eigentlich, wo Sie privat leben.

Blunt: Ich lebe auf Ibiza.

Sprechen wir über Ihr neues Album „The Afterlove“. Worauf bezieht sich der Titel?

Blunt: Ich habe es von der CD einer schottischen Band. Sie wiederholt in einem Song ständig die Zeile „After the love is gone“. Es geht um Glück und Trauer, Leben und Tod. Und fasst den Inhalt meines neuen Albums sehr gut zusammen.

Ihre Musik hat sich verändert. Sie ist unterhaltender geworden, weniger tiefgründig und ernst. Liegt es daran, dass Sie eine Familie gegründet haben?

Blunt: Ich denke, die Songs sind abwechslungsreicher geworden. Es gibt auch ernsthafte, darunter die besten, die ich je geschrieben habe wie „Don’t give me those eyes“, ein trauriger und schmerzhafter Song. In „Someone singing along“ geht es um Donald Trump und die Politik in der Welt. Ein sehr ernstes Thema. „Time of our lives“ ist ein schönes Lied über unseren Hochzeitstag, „Make me better“ habe ich meinem Familienleben gewidmet. Aber Sie haben recht, andere sind eher elektronisch oder unbekümmert wie „Bartender“. Und „California“ handelt davon, wie öde Kalifornien sein kann, aber auch wie hinreißend.

Fällt es Ihnen leichter zu komponieren, wenn Sie glücklich oder wenn Sie niedergeschlagen sind? Man sagt, Unglück macht kreativ.

Blunt: Ja, so ist es. Wichtig ist, dass man etwas Starkes empfindet. Ohne Empfindungen kann man nicht komponieren. Gefühle, die mich stark machen, inspirieren mich zu den besten Songs.

In jüngster Zeit haben Sie oft mit anderen Musikern wie Ryan Tedder, Ed Sheeran oder Robin Schulz gearbeitet. Ist das ein verstärkter Trend in der Musikbranche?

Blunt: Das mag sein. Plattenfirmen reden ja gern von Konkurrenzkämpfen in der Musikbranche. Ich habe aber schon immer mit anderen Musikern gearbeitet. Ryan Tedder und ich haben hart an „Stay the night“ gearbeitet. Ed und ich sind gute Freunde und haben „Make me better“ geschrieben. Robin Schulz kenne ich von Ibiza. Er interessierte sich für „Okay“, einen von etwa 100 Songs, die ich für das neue Album geschrieben hatte — und dann verworfen. Er fügte seinen Zauber hinzu und es wurde weltweit ein Hit.

Fürchten Sie nicht, dass Ihr eigenes musikalisches Profil verschwimmt? Um ehrlich zu sein: „Love me Better“ klingt für mich mehr nach One Republic als nach James Blunt.

Blunt (leicht gereizt): Der Songtext „People say the meanest things/ I’ve been called a dick, I’ve been called so many things“ klingt nicht so romantisch, wie man es von mir gewohnt ist, aber es ist die Wahrheit und von großer Bedeutung für mich. Ich singe „I would have said ‘you’ re beautiful, but I used that line before’— das könnte keiner von One Republic in Anspruch nehmen. Und da sind Gitarren-Licks, die könnten niemals von One Republic sein. Also: Nein, es ist definitiv meine Musik.

Sie treten als Opening Act zu Ed Sheeran auf. Wie fühlt sich das an? Sie sind selbst ein Star.

Blunt: (kleine Pause) Es ist wunderbar, ich liebe diesen Job. Er ist einer der leichtesten, die ich je hatte. Ich bin nur 40 Minuten auf der Bühne, das Publikum ist fantastisch. Ich kann zwei Stunden vor Ed anfangen zu trinken. Wir sind viel unterwegs und haben jede Menge Spaß.

Werden sie auf ihrer Deutschland-Tour auch alte Songs singen?

Blunt: Ja, auf jeden Fall. Wir nennen es „The Afterlove-Tour“, aber die Leute, die Tickets kaufen, wollen auch die alten Stücke hören. Für mich ist es mehr eine Greatest-Hits-Tour.

Sie sind jetzt Familienvater. Viele berühmte Musiker haben ihrem Nachwuchs Songs gewidmet. Fühlen Sie sich inspiriert von ihrem Sohn?

Blunt: Das Album selbst ist ja von meinem neuen Familienleben inspiriert, siehe „Make me Better“.

Und wie fühlen Sie sich als Vater?

Blunt: Ich toure noch genauso wie früher. Aber man konzentriert sich nicht mehr so sehr auf sich selbst. Früher habe ich mich viel um meine Band und meine Crew gekümmert. Jetzt, da ich plötzlich der Kopf einer Familie bin, stehe ich in einer ganz anderen Verantwortung. Alles ist viel intensiver, inspirierender und aufregender. Und ich muss außerdem immer auf Überraschungen gefasst sein.

Wird Ihre Familie Sie auf der Tour besuchen?

Blunt: Wir haben immer zwei Zusatzbetten im Bus — es kommen oft Freunde oder Familienmitglieder zu Besuch. Wir sind ja sehr offen in vielerlei Hinsicht: Drei Band-Mitglieder haben ihre Ehepartner im Publikum gefunden. Die Verbindung zu unserem Publikum ist also sehr entspannt und persönlich.