Xavier Naidoo lebt seine sanfte Seite aus
Berlin (dpa) - Xavier Naidoo war in seinen jüngsten Projekten kaum wiederzuerkennen. Erst wagte er sich im gemeinsamen Album „Xavas“ auf das Terrain von Rapper Kool Savas, Anfang dieses Jahres gab es in „Mordsmusik“ hämmernde Dubstep-Beats.
Doch jetzt schlägt Naidoo mit seinem fünften Studioalbum „Bei meiner Seele“ wieder gewohnte Töne an - und lässt seiner sanften Seite freien Lauf. Das Dutzend Songs wird dominiert von Balladen und eingängigen Melodien.
Schon von den ersten Takten wird klar, wohin die Reise geht: Das Album beginnt mit dem Titelsong „Bei meiner Seele“, der üppig mit zuckersüßer Streicher-Begleitung umhüllt ist. Zum Ausklang gibt es am Schluss noch eine Version des Lieds ohne die Streicher, die eher als monumentale Ballade angelegt ist.
Dazwischen gewährt der notorisch öffentlichkeitsscheue Naidoo überraschend freigiebig Einblicke in seine private Welt. In „Autonarr“ etwa geht es etwa darum, dass er leidenschaftlich gern Auto fährt, weil es einst der einzige Ort war, an dem er laut Musik hören konnte - sein Vater war Schichtarbeiter und deswegen musste es zuhause ruhiger zugehen. „Hört, Hört“ klingt wie eine Bilanz seiner Karriere: „Meine Stimme hat manche betört, meine Worte haben viele verstört.“ In diesem Licht klingen auch die vielen Liebeslieder des Albums persönlicher als sonst.
Nach Heino nahm nun auch Naidoo zudem eine Version des Ärzte-Songs „Junge“ auf - es ist allerdings ganz und gar eine melancholische Ballade geworden, ohne den punkig-ironischen Schneid des Originals oder die Ironie, wenn jemand aus Heinos Generation das Lied singt. Etwas rau geht es höchstens bei „Deine Last“ im Duett mit Rapper Moses Pelham zu. Doch selbst das ist ein Zeichen von Sanftmut: Schließlich hatten Naidoo und sein einstiger Mentor sich einen jahrelangen juristischen Streit um Verwertungsrechte geliefert.
Die neue Ruhe ist ein scharfer Kontrast zum krawalligen Ton der vergangener beiden Projekte. Nach „Xavas“ gab es Aufregung um einen Song, dessen Text als Aufruf zur Selbstjustiz gegen Pädophile ausgelegt werden konnte. Und bei „Mordsmusik“ setzte sich Naidoo nach eigenem Bekunden zu lauten Techno-Beats mit „Rache, Mord und Totschlag“ auseinander.
Mit dem neuen Solo-Album kehrt er wieder ein Stück zu seinem alten Image des „Soul-Predigers“ zurück - auch wenn er stets jedes Kalkül verneint hat: „Ich wollte nie Musik in irgendeiner bestimmten Kategorie machen, ich wollte immer alles machen dürfen - egal was jemand sagt.“