Zaz huldigt Paris mit Gören-Charme
Berlin (dpa) - Über Paris, den Charme und die Schönheit dieser „Stadt der Liebe“ sind schon viele Platten gemacht worden. Frankreichs neuer Chansonstar Zaz reiht sich also in eine lange Traditionslinie ein.
Und macht etwas Besonderes daraus.
Die Quetschkommode kommt erst im zweiten Lied der Platte zum Einsatz - ein chansontypisches Akkordeon verziert das berühmte „Sous le ciel de Paris“. Zaz fällt also nicht gleich mit der Tür ins Haus, die Sängerin gönnt dem Hörer etwas Wartezeit bis zum liebgewonnenen und wohl auch erhofften Klischee. Typisch für „Paris“, das auf Platz fünf der deutschen Charts eingestiegene, durchaus eigenwillige Album des neuen französischen Chansonstars.
Na klar, es geht hier um die bekanntesten Lieder über die „Stadt der Liebe“, der Sound spiegelt die einmalige Atmosphäre von Paris - Kopfkino mit Eiffelturm, Montmartre und Champs-Elysées, man denkt Rotwein und Baguette stets mit. Und doch macht es sich die 34-jährige, seit fünf Jahren weltweit erfolgreiche Zaz nicht zu leicht. Sie singt diese Chansons gerade nicht im melodramatischen Stil einer Edith Piaf, mit der sie oft verglichen wird. Zaz macht ihr eigenes Ding - wie man es von dieser selbstbewussten Künstlerin übrigens auch erwarten durfte.
So beginnt das Album mit dem 75 Jahre alten „Paris sera toujours Paris“ von Casimir Oberfeld, einem jüdischen Komponisten, der 1945 bei den Todesmärschen aus dem Vernichtungslager Auschwitz starb. In dieser lebensfrohen Gypsy-Swing-Hymne auf „la plus belle ville du monde“, die schönste Stadt der Welt, schwingt nun auch die Trauer einer Zurückblickenden mit. „Ein Song, der den Geist der Freiheit ausdrückt, der Paris bis heute auszeichnet“, sagt Zaz.
Berührend auch „J'aime Paris au mois de Mai“, das die 1980 als Isabelle Geffroy in Tours geborene Sängerin zusammen mit Charles Aznavour (90) gibt - Zaz' angeraute Gören-Stimme und der noble Altherren-Gesang ergeben einen hübschen Kontrast. „Sie kann alles singen und berührt deine innerste Seele“, sagt der Veteran über den Jungstar.
Chanson-Legende Aznavour ist einer von mehreren prominenten Gästen, die aus „Paris“ auch ein Aha-Erlebnis machen: Thomas Dutronc, der selbst längst berühmte Sohn der Sängerin Françoise Hardy und des Schauspielers Jacques Dutronc, begleitet Zaz in „La romance de Paris“, die junge Kanadierin Nikki Yanovsky flaniert mit ihr durch Cole Porters „I love Paris - J'aime Paris“.
Dass dieses Album neben all seiner Chanson-Melancholie mit reichlich Akkordeon auch einige monumentale Bigband-Arrangements zu bieten hat, geht auf das Konto eines weiteren Weltstars: Quincy Jones. Der Jazztrompeter und Erfinder des Michael-Jackson-Sounds („Thriller“) schwärmt von Zaz' Straßensängerinnen-Charme: „Sie hat wahre Blues-Wurzeln in ihrer Stimme, von der du schwören könntest, dass sie aus dem Ghetto stammt.“ Bei drei Aufnahmen stand der 81-Jährige als Produzent im Hintergrund.
In diesen Jazz-Stücken klingt Zaz dann definitiv weniger nach Edith Piaf als nach US-amerikanischen Sängerinnen. Den (durchaus ehrenvollen) Vergleich mit dem „Spatz von Paris“ wird sie aber wohl auch künftig kaum loswerden.
Mit „Paris“ hat sich Zaz immerhin bewusst von den Erwartungen abgesetzt: „Alle haben gesagt, ich solle ein Piaf-Album machen. Weil meine Stimme angeblich so ähnlich klingt“, sagte sie der „Süddeutschen Zeitung“. „Stattdessen wollte ich alte Chansons über Paris singen. Hier bin ich schließlich zuhause.“ Ein gelungenes Ausweichmanöver - das Projekt „Zaz singt Piaf“ muss noch warten.