"Asterix in Italien" Neuer Asterix-Comic: Die gallische Bildungsoffensive

Morgen erscheint mit „Asterix in Italien“ der 37. Band der Serie. Wer sein Fanwissen erweitern will, dem ist zusätzlich mit einem faktenreichen neuen Lexikon geholfen.

Irgendwann, wenn alle Schlachten gewonnen, alle Römer verprügelt und alle Missionen erfüllt sind, sitzt das ganze Dorf wieder beisammen und isst Wildschwein. Das ganze Dorf? Nein! Ein unbeugsamer Barde ist meistens ausgeschlossen.

Foto: www.egmont-comic-collection.de

Düsseldorf. Es gibt einen Punkt im Fan-Dasein, an dem die Verehrung im Grunde durch nichts mehr zu erschüttern ist. Der Fußballfan steht auch nach dem Abstieg noch in der Kurve, der Musikfan kauft treu die dritte missratene CD in Folge — und der Comicfan greift ungeachtet aller Originalitätseinbrüche wieder zum nächsten Band.

Ältere Asterix-Fans durchlebten diese Phase 1980 nach der Veröffentlichung des 24. Bandes „Asterix bei den Belgiern“, bei dem zum letzten Mal der drei Jahre zuvor gestorbene geniale Texter René Goscinny die Sprechblasen gefüllt hatte. Die folgenden, allein von Zeichner Albert Uderzo verantworteten Bände — na ja, man hat sie halt gesammelt, ohne weiter darüber nachzudenken.

Doch seit vier Jahren atmet die in Deutschland 1968 gestartete Serie frischen Wind. Der heute 90-jährige Uderzo, der die Geschichten von dem kleinen gallischen Dorf in der Bretagne eigentlich mit ins Grab nehmen wollte, rang sich dann doch durch, sie stattdessen in neue Hände zu legen. Mit „Asterix bei den Pikten“ (Band 35) war erstmals Jean-Yves Ferri für den Text verantwortlich und Didier Conrad für die Zeichnungen — nicht ohne Kontrolle des Meisters natürlich. Der ließ seinen Nachfolger sogar die Anzahl der Streifen auf der blau-weißen Hose von Obelix korrigieren.

Wenn morgen mit „Asterix in Italien“ der Anfang vergangener Woche in Paris vorgestellte dritte Band des neuen Duos und der insgesamt 37. Band der Serie endlich auf den Ladentheken liegt, dann zeitgleich in mehr als 20 Sprachen und mit einer Startauflage von über vier Millionen Exemplaren. Insgesamt haben Asterix, Obelix & Co. weltweit schon an die 370 Millionen Käufer gefunden.

37 Bände, 13 Filme und eine insgesamt 58-jährige Geschichte — da sammelt sich viel Spezialwissen für Hardcore-Fans an. Fast zeitgleich mit dem neuen Band ist in dieser Woche ein optisch etwas sprödes, aber inhaltlich sehr kenntnisreiches Lexikon im Münchener Riva-Verlag erschienen. Die spröde Gestaltung erklärt sich aus der fehlenden Lizenz. Die vertrauten Zeichnungen gibt es daher nicht. Darum heißt das Buch auch „Das inoffizielle Asterix-&-Obelix-Lexikon“. Was aber die Kompetenz keineswegs infrage stellt.

Offiziell autorisiert war bisher nur „Das große Asterix-Lexikon“ von Horst Berner, das allerdings schon etwas in die Jahre gekommen ist. Der Riva-Verlag hat sich jetzt einen ähnlich kompetenten Experten an Land gezogen: Marco Mütz betreibt seit bald 20 Jahren die renommierteste deutschsprachige Asterix-Webseite „comedix.de“. Deren Archiv ist eine der Quellen für das Lexikon.

Ein Lexikon, Sinnbild des Bildungsbürgertums, für eine Comic-Serie? Beim Teutates — ja!!! Lateinlehrer erfreuen sich schon seit Jahrzehnten an den vielen lateinischen Zitaten. Und die gewitzten Anspielungen auf Geschichte, Kunst und Literatur sind Legende. Ist es da noch ein Wunder, dass sich, wie das Kapitel „Kurioses“ vermerkt, auch die Wissenschaft von den gallischen Helden inspirieren lässt? 2011 veröffentlichten Neurochirurgen der Universität Düsseldorf eine Studie unter dem Titel: „Schädel-Hirn-Traumata im Comic: Erfahrungen aus einer Serie von mehr als 700 Kopfverletzungen in den Asterix-Bänden“.

Wem beim bisherigen Lesen entgangen ist, dass der kleine Hund Idefix die Gallier schon im zweiten Band „Asterix und Kleopatra“ (1969) aus einer Pyramide führt, wo die beiden Helden ihm doch eigentlich erst im sechsten Band „Tour de France“ (1970) zum ersten Mal begegnen, der erfährt in dem Lexikon nicht nur das, sondern auch den Grund dafür: Die ersten sieben Abenteuer sind in Deutschland in einer anderen Reihenfolge als in Frankreich erschienen.

Und mit der liebenden Verehrung, mit der auch Filmfans genüsslich Regiefehler nachweisen, beschreibt Mütz, wie der Verkehr in dem wunderbaren Band „Asterix bei den Briten“ (1971) auf der Seite 17 noch britisch korrekt links, aber auf der Seite 24 dann rechts fließt.

Wer ist im Latein-Unterricht nicht mit Cäsars gallischem Krieg gequält worden? Möglicherweise lindert sich manche Erinnerung, wenn die Anspielungen in den Asterix-Bänden entschlüsselt werden. Und wer sich einmal durch das Kapitel „Zitate“ blättert, hat sich damit zwar nicht das Lesen von Shakespeare, Schiller und der Bibel erspart, aber immerhin entdeckt, wie oft und wo sie von den Comic-Helden im Munde geführt werden.

Ausgeblendet bleiben in dem inoffiziellen Asterix-&-Obelix-Lexikon allerdings die Plagiate wie das in der Anti-Atomkraft-Bewegung der 1980er Jahre sehr populäre „Asterix und das Atomkraftwerk“. Es kopierte Szenen aus den bis dahin erschienen Bänden zusammen, versah sie mit neuem Text und gruppierte die vier Römerlager um den geplanten „Brutus rapidus“, den schnellen Brüter.

Mit Kopieren ist es beim aktuellen Zeichner Didier Conrad nicht getan. „An jeder Seite habe ich rund 30 Stunden gearbeitet, bei den beiden vorherigen Alben waren es jeweils 20“, erzählt er über den Entstehungsprozess des neuen Bandes. „Nach mittlerweile drei Alben können wir tatsächlich sagen, dass wir anfangen, uns sowohl den Stil von René Goscinny als auch den unverwechselbaren Pinselstrich von Albert Uderzo anzueignen. Ihre Abenteuer fortzuführen ist eine große Ehre für uns.“

Auf gewisse Weise schien das allerdings schon vorgezeichnet: Conrad und Texter Ferri sind beide 1959 geboren — dem Jahr, in dem die erste Asterix-Geschichte in der französischen Jugendzeitschrift „Pilote“ erschien.