Neuss feiert vier Wochen Shakespeare

Bei dem renommierten Festival zeigen Ensembles aus ganz Europa die Stücke des Dramatikers — klassisch und neu inszeniert.

Foto: Festival

Neuss. Gern bedient man sich bei der Vermarktung auch von Kulturevents der runden Daten. Nicht so in Neuss. Dass William Shakespeare vor 450 Jahren getauft wurde, lässt Rainer Wiertz kalt. Der umtriebige Shakespeare-Kenner und Kulturreferent der Stadt Neuss hat wieder ein ebenso abwechslungsreiches wie niveauvolles Programm für das Shakespeare-Festival organisiert. Zum 24. Mal hat er diesem in Deutschland einzigartigen Theaterfest seinen Stempel aufgedrückt. „Das 25. Mal wird es auch geben“, sagt er schon. Im 451. Shakespeare-Jahr eben.

Vom 19. Juni an werden sich vier Wochen lang Compagnien aus Deutschland, England, Spanien und Ungarn auf der kargen Bühne des nachgebauten Globe-Theaters an der Neusser Rennbahn abwechseln. Die Besucher, die aus ganz Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus anreisen, sitzen auf harten Bänken im engen Globe und können ganz nah an der Bühne ein sehr eigenes Theatererlebnis genießen.

So zum Beispiel bei den Aufführungen der Propeller Company: Edward Hall zeigt „A Midsummer Night’s Dream“ (Sommernachtstraum) und die „Comedy of Errors“ (Komödie der Irrungen) in Neuinszenierungen, rein männlich besetzt, wie es sich für diese Compagnie versteht. Ein „Must See“, ein Muss, ist das für Rainer Wiertz.

Einen weiteren Glücksfall nennt er die Aufführung des selten gespielten „Pericles, Fürst von Tyrus“, das die Bremer Shakespeare Company, Dauergast im Globe, auf die Bühne bringt. Es spielen: vier Schauspieler, drei Puppen. Der Festival-Stammgast Katharina Thalbach liest Gedichte

Aus Ungarn kommt die Truppe HOPPart mit „Korijolánusz“, der wohl avanciertesten Inszenierung des Festivals. Die Schauspieler wandeln die Römer des Werks Coriolan in ungarische Bürger, die nach 1989 daran glauben, dass alles anders wird. Die Titelfigur lernt, dass die Demokratie keinen Helden duldet.

Ganz werkgetreu gibt die Fundación Siglo de Oro aus Madrid „Enrique VIII.“, Heinrich den Achten. Zuvor zeigen die Spanier zwei Komödien von Lope de Vega, dem auf deutschen Bühnen selten gespielten Zeitgenossen Shakespeares.

Diese und weitere Produktionen, ergänzt durch Musikvorträge wie dem Konzert der Jazz-Sängerin Caroll Vanwelden und einem reichhaltigen Angebot für Schüler und Lehrer, füllen die vier Wochen des Festivals. Das hat sich seit seinen Anfängen zu einem renommierten, markanten Fixpunkt im Kulturkalender entwickelt. Dank der Sponsoren und eines engagierten Kreises von „Freunden und Förderern“ aus der Stadt kommt es zudem mit minimalen Zuschüssen der Kommune aus.

Gar kein Gedenken zum 450. Shakespeare-Jahr also? Doch. Die Bremer Compagnie zeigt zum Festival-Auftakt die Geburtstagsshow „All’s Will that ends Will“ mit viel Personal aus den Stücken des Meisters. Und Katharina Thalbach liest unter dem Titel „Wie er uns gefällt“ Gedichte an und auf Shakespeare mit Texten von Baudelaire und Brecht bis Nabokov.

Heute beginnt der Vorverkauf. Theaterfreunde, ob passionierte Shakespeare-Kenner oder neugierige Einsteiger, sollten nicht lange warten: Das Festival des vergangenen Jahres hatte mit fast 15 000 Besuchern einen Auslastungsgrad von 96 Prozent.