Herr Herbst, Ihre neue Comedyserie, geschrieben vom Stromberg-Erfinder Ralf Husmann, dreht sich um ein Ehepaar in der Krise. Das klingt zunächst nicht zwingend komisch…
Interview Wuppertaler Schauspieler Christoph Maria Herbst: „Ich bin ein emanzipierter Ehemann“
Schauspieler Christoph Maria Herbst über seine neue Scheidungs-Sitcom, offene Zahnpastatuben und ein mögliches „Stromberg“-Comeback.
Die Rolle als fieser Bürotyrann Stromberg hat Christoph Maria Herbst berühmt gemacht. Jetzt ist der 53-Jährige in der tragikomischen Sitcom „Merz gegen Merz“ (ab Donnerstag, 22.15 Uhr, ZDF) zu sehen. Die acht Episoden drehen sich um ein von Herbst und Annette Frier gespieltes Ehepaar, das sich trennen will – doch der Weg zur Scheidung ist mit Stolpersteinen gepflastert.
Christoph Maria Herbst: Stimmt, es ist wieder mehr eine Tragedy als eine Comedy. Ralf Husmann bedient sich ja grundsätzlich bei Themen, die eine gesellschaftliche Relevanz haben und wo man nicht a priori sagen würde: „Haha, das ist ja saukomisch: Demenz, Scheidung, ich lach jetzt schon!“. Das sind heiße Eisen, an die sich viele andere Komödienautoren nicht herantrauen.
Was sagt das ZDF dazu, das die Serie zeigt?
Herbst: Als die Redaktion die ersten Szenen gesehen hat, war das vorsichtig formuliert sehr spannend für sie, da man dort eine klassische Sitcom erwartet hatte. Aber das ZDF hat uns zum Glück machen lassen und sieht nun, dass die acht Folgen in Gänze gesehen sehr gut funktionieren. Das ZDF steht voll hinter uns und hat eine zweite Staffel schon vor der Ausstrahlung abgenickt, das freut uns natürlich sehr.
War eine mögliche Fortsetzung Ihrer gemeinsamen Sitcom „Stromberg“ ein Gesprächsthema bei den Dreharbeiten?
Herbst: Ich bekomme ehrlich gesagt mehrfach in der Woche Mails, in denen ich gebeten werde, den Bernd wieder von den Toten auferstehen zu lassen, aber noch habe ich die Kraft zu widerstehen. Denn dafür mache ich ja andere tolle Sachen wie „Merz gegen Merz“ oder voriges Jahr den Kinofilm „Der Vorname“, für die ich sonst vielleicht keine Zeit hätte. Aber natürlich war „Stromberg“ super geschrieben und es gehörte zu den besten beruflichen Zeiten in meinem Leben. Sollte mir ein Drehbuch zugeschickt werden, dessen Hauptfigur Bernd Stromberg wäre, würde ich das nicht gleich in den Schredder schmeißen. Aber ich befördere das nicht mit Aktionismus.
Wie viel Stromberg steckt denn in Erik Merz, dessen Ehe in der Serie vor dem Aus steht?
Herbst: Die Texte sind von Ralf Husmann geschrieben und in ihnen schwingt eine ganze Menge Stromberg mit. Er bleibt sich da schon treu, auch sein teilweise recht zynischer, misanthropischer Blick aufs Menschsein und das Miteinander fließt in „Merz gegen Merz“ ein. Allerdings ist es vor allem Annette Frier, die Erik Sätze an den Kopf wirft, die ich früher eins zu eins als Stromberg hätte sagen können. In der Serie spielt also eigentlich sie den Stromberg.
Die Serie zeigt tragikomische Szenen einer Ehe. Sind Sie selber verheiratet?
Herbst: Ja, ich schöpfe bei dem, was ich da spiele, aus eigenen Erfahrungen. Nicht weil ich schon mehrfach geschieden wäre, aber weil ich mit meinen 53 Jahren ja auch schon die ein oder andere Beziehung zu Frauen hatte, die nicht gehalten hat. Das ging dann auch nicht immer auf die zärtlichste und sanfteste Weise zu Ende, sondern da muss man einstecken können, teilt aber auch selber aus.
An einer Stelle sagen Sie als Erik Merz: Ehen scheitern nicht an den großen Themen wie Zukunft, sondern an kleinen Themen wie einer Tafel Schokolade, die man nicht teilen will…
Herbst: Bekanntermaßen steckt der Teufel oft im Detail. Bei den einen ist es die Zahnpastatube, die nicht zugeschraubt ist, oder die dreckigen Socken, die irgendwo rumliegen. Wenn man der Meinung ist, dass man aus der Mücke einen Elefanten machen muss – selber schuld. In meiner Beziehung läuft das anders. Über viele Dinge, die bei anderen Paaren ein Problem werden könnten, haben wir längst schon offen gesprochen, eben um zu vermeiden, dass es die kleinen Dinge sind, die uns zum Scheitern bringen.
Ist es das Geheimnis einer geglückten Partnerschaft, dass man stets miteinander spricht und nicht erst dann, wenn man gemeinsam beim Paartherapeuten sitzt wie das Ehepaar Merz?
Herbst: Die Kommunikationsschwierigkeiten beim Ehepaar Merz sind schlimm. Da sagt der eine Rot, aber der andere will ein Blau gehört haben. Das ist lustig, aber auch sehr realistisch. Damit berühren wir ja einen der wesentlichen Punkte des humoristischen Œuvres von Loriot, den Mangel an Kommunikation zwischen den Menschen. Ich halte es für unabdingbar, dass man den Partner ausreden lässt und nicht glaubt genau zu wissen, was er als nächstes sagt. Man muss dem Partner jeden Tag aufs Neue die Chance geben, einen zu überraschen.
Wie wichtig ist Humor in Ihrem Beziehungsalltag?
Herbst: Extrem wichtig – in der richtigen Dosierung. Wir reden nicht ständig in lustiger Kindersprache miteinander, bis die Menschen in unserem Umfeld denken: „Was haben denn die geraucht?“ Aber im richtigen Moment, in dem andere an die Decke gehen würden, lache ich lieber und versuche, Missgeschicke auf eine undeutsche Weise abzupuffern, indem ich einfach mal über mich selber lache. Das hat mir oft sehr geholfen.
Und wie halten Sie es mit der Rollenverteilung? Sind Sie ein emanzipierter Ehemann?
Herbst: Unbedingt. Bei uns daheim wird nicht thematisiert, wer den Müll runterbringt, und ich würde nie sagen: „Nee, ich bin der Mann, das machst Du jetzt mal.“ Bevor mir meine Frau eine klatscht, hätte ich mir da selber schon eine reingehauen. Bei uns ist alles komplett auf Augenhöhe. Diese geschlechtsspezifische Verteilung, die Rollenklischees, die man von unseren Eltern oder Großeltern kennt, die noch mit dem Muff der 50er und 60er Jahre zu tun hatten, gibt es doch heutzutage gar nicht mehr.