Solist in der Schule heißt das Angebot der Wuppertaler Bühnen „Die Kinder sollen ihr Instrument mit Liebe spielen“
Wuppertal · Fast 30 junge Menschen, die in der Bergischen Musikschule Wuppertal das Cellospiel erlernen, umringen Alban Gerhardt und brennen darauf, ihm Fragen zu stellen. Einer der besten Solo-Cellisten unserer Zeit sitzt im Schneidersitz vor ihnen auf der Erde und gibt sehr persönliche, offene Antworten.
„Solist in der Schule“ heißt das Angebot der Wuppertaler Bühnen. In diesem Fall kam der Solist nicht in die Schule, sondern der Cellonachwuchs ging in die Historische Stadthalle. Dort war der Weltklasse-Cellist Alban Gerhardt aus Anlass des 1. Sinfoniekonzertes zu Gast.
Die jungen Cellistinnen und Cellisten durften den ersten Teil der Probe verfolgen und die großen „Kollegen“ bei der Arbeit beobachten. Schon die Probenatmosphäre war spannend. Das Sinfonieorchester erinnerte an eine Schulklasse, bevor der Lehrer da ist. Dann gab Konzertmeister Nikolai Mintchev den Ton zum Einstimmen an, der Dirigent, in Jeans und T-Shirt, erschien und gleich begannen alle diszipliniert mit der Probe. Auch bei einem der weltbesten Cellisten klappt nicht alles sofort. An einigen Stellen wurde noch gefeilt, Takte wurden wiederholt, bis Dirigent und Solist zufrieden waren.
Schülern war bewusst, dass ein besonderer Cellist vor ihnen sitzt
Vor der Probe hatte Heike Henoch vom „Education-Team“ der Wuppertaler Bühnen draußen vor der Stadthalle eine kurze Einführung in das Werk gegeben: „Das Violoncello ist König Salomon, das Orchester ist sein Volk“. Währenddessen kam Generalmusikdirektor Patrick Hahn mit dem Fahrrad zum Dienst und begrüßte erfreut die jungen Gäste.
In der Fragestunde nach dem Probenbesuch war den Schülerinnen und Schülern bewusst, dass hier ein ganz besonderer Cellist für sie da war, und sie hatten viele Fragen vorbereitet. „Wie lange übst du?“, „Wie lange hast du als Kind geübt?“ Der Cellist gab viele gute Tipps und riet vor allem, täglich zu üben und immer dran zu bleiben. Er betonte den hohen Wert der Musikschulen und lobte vor allem die Lehrer: „Ein guter Cellolehrer ist wichtig. Der ist nicht austauschbar“, sagte Gerhardt, und er wünscht sich, dass viel mehr öffentliche Gelder für gute Lehrer an Musikschulen ausgegeben werden. „Damit die Kinder Spaß haben und ihr Instrument mit Liebe spielen.“
Nach mehr als einer Stunde stellte der Cellonachwuchs noch immer Fragen und lauschte den Antworten und sehr persönlichen Geschichten von Alban Gerhardt.
„Wie schaffst du es, ein Stück auswendig zu lernen?“, „Warum hast du dich für das Cello entschieden?“ Alban Gerhardt erläuterte seine Lerntechnik, lobte das Cello und beschrieb das Feuer, das man beim Musizieren spüren muss. Dann erklärte er den jungen Kollegen genau, warum er sein Cello nicht zwischen den Beinen, sondern leicht gekippt am linken Bein hält: „Durch den Winkel klingt es besser.“ Ein Fachmann habe ihm gesagt: „So kannst du die Seele des Cellos mit dem linken Knie unterstützen.“ Nach dem Musikstück des Sinfoniekonzerts gefragt, erklärte Gerhardt begeistert: „Es ist das erste Mal, dass ich mit diesem tollen jungen Mann am Pult dieses Stück so gespielt habe.“ Auf die Frage nach der Zugabe räumte er schmunzelnd ein, die Zugabe völlig vergessen zu haben. „Die muss ich bis morgen noch üben, aber ich habe heute ja einige Stunden Zeit dafür.“