Der Wuppertaler Künstler Gerhard Rossmann konzipierte eine szenische Installation über die Heilige Helena und ihre Reliquien Eine faszinierende Frau sichert das wichtigste Glaubenssymbol

WUPPERTAL/ESSEN · Der Wuppertaler Künstler Gerhard Rossmann konzipierte eine szenische Installation über die Heilige Helena und ihre Reliquien.

Chrystel Guillebeaud steuert eine eigene Choreografie bei.

Foto: Schmitt/Daniel Schmitt

. Es sollte keine normale Romreise werden. Gerhard Rossmann wollte Geheimtipps abgreifen, erwarb deshalb das Buch „Mein Rom“ von Andreas Englisch. Das freilich dem Wuppertaler Künstler die Geheimnisse des Petersdoms und nicht die Sehenswürdigkeiten näherbrachte, die er gesucht hatte. Ihn  stattdessen auf die Heilige Helena aufmerksam machte. Die steht vier Jahre später im Mittelpunkt einer Ausstellung in der Essener Galerie Gublia. Eine szenische Installation, die der heute 70-Jährige zusammen mit der ehemaligen Pina-Bausch-Tänzerin Chrystel Guillebeaud entwickelt hat.

Das Leben der Flavia Iulia Helena begann 248/250 in einem Dorf am Bosporus. Ihre Herkunft ist ungewiss. Aus ihrer Beziehung mit dem römischen Offizier Constantinus ging das Kind Konstantin hervor, der spätere Kaiser. Der holte nach seinem Regierungsantritt im Jahr 306  seine Mutter  nach Trier. Sie ließ sich taufen und machte sich mit 76 Jahren auf den Weg, Belege für die biblischen Geschichten zu finden: Das Kreuz, die Gebeine der Heiligen Drei Könige, den Heiligen Rock Jesu und die Gebeine des Apostels Matthias soll sie „gerettet“ haben. Das Kreuz ließ sie in drei Teile zerlegen, die sie auf Jerusalem, Konstantinopel und Rom verteilte, wo ein Stück des Kreuzes in einem Pfeiler des Petersdoms deponiert wurde. So die Version, die sich gegenüber anderen  Erzählungen zur Kreuzfindung durchgesetzt hat.

Eine faszinierende Frau sei sie gewesen, findet der Atheist Rossmann. Sie habe    sich um die Sicherung des wichtigsten Symbols in einer von Männern dominierten Einrichtung gekümmert. Was nicht ohne (Nach-)wirkung geblieben sei. Sie habe „entscheidenden Anteil an der Verbreitung des Christentums, das sich   von einer Sekte zu einer Weltreligion entwickelte“, sagt der Künstler und betitelt seine Ausstellung entsprechend „Aftermath“ (Nachwirkungen). Eine Ausstellung, die hintergründig und spektakulär ist und sich zugleich über den streng reglementierten Reliquienkult der katholischen Kirche lustig macht.

Sphärische Musik aus Tönen, die Voyager 2 aufgezeichnet hat

Mit seinem Team (neben Guillebeaud der Fotograf Daniel Schmitt, der Filmemacher Thomas Seibel, Bernhard Hubbeling und Patrik Stender) zog sich Rossmann im April 2019 in ein Fotostudio am Niederrhein zurück. Sie fertigten eine Fotostrecke und Videos an. Dass sie jetzt erst zu sehen sind, hat organisatorische Gründe, ist nicht  der Coronakrise geschuldet. Sie beeinflusst aber die Öffnungszeiten und -modalitäten.

Die Besucher erwartet eine 14-teilige Fotoserie, die wie eine Passionsgeschichte abgeschritten werden kann. Eine Reproduktion des bekanntesten Helena-Bildes, das der Renaissance-Maler Cima da Conegliano im 15. Jahrhundert schuf, zahlreiche Informationstafeln, sieben Quadratmeter Sand und ein großer Erdhügel in der Mitte des Ausstellungsraums.

Der spielt bei einer Performance eine Rolle, die gefilmt und auf wenige Minuten gekürzt wurde. Rossmann gräbt mit einer Kohlen-Schaufel ein Kreuz aus, während Guillebeaud einen Tanz mit einem goldenen Skelett aufführt und mit einer Kettensäge ein in der Mitte des Hügels stehendes Holzkreuz in drei Teile zerlegt. „Ich hatte die Idee, die Kreuzauffindung mit einem Freudentanz zu verbinden und die Kreuzaufteilung in die Moderne zu übertragen“, erzählt Rossmann. Das Skelett wiederum erinnert daran, dass  neben Jesus auch zwei weitere Menschen gekreuzigt wurden. Unterlegt wird das Geschehen mit sphärischer Musik: Mit Tönen, die bei der „Himmelfahrt“ der amerikanischen Raumsonde Voyager 2 aufgezeichnet wurden.

Ein weiteres Video hält fest, wie die Installation entstand, in einem dritten beantwortet Rossmann fragen dazu. Schließlich gibt es noch ein riesiges Bild mit der Landschaft Palästinas.

Galerie Gublia, Kreuzeskirchstraße 3, Essen; bis 13. Mai jeweils Mi, Sa, So 15-18 Uhr; 27. März und   28. März   erweiterte Öffnungszeiten:  15 bis 21 Uhr. Vorherige Anmeldung per E-Mail, mail@galeriegublia.de, ist erforderlich. Vom 29. März. bis 18. April bleibt die Galerie geschlossen.