Getötete 15-Jährige in Viersen Anwalt streitet Tötungsabsicht ab

Viersen/Mönchengladbach. · Im Mordprozess gegen den Ex-Freund von Iulia (15) ließ der Angeklagte eine Erklärung verlesen.

Staatsanwalt Lingens beantwortete die Fragen der Journalisten.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Ein halbes Jahr nach der blutigen Tat im Casinogarten in Viersen steht der 17-jährige Ex-Freund von Iulia vor Gericht. Am Montagmorgen um 9.15 Uhr begann unter Ausschluss der Öffentlichkeit der Mordprozess gegen den Bulgaren vor der Jugendkammer des Landgerichts Mönchengladbach.

Staatsanwalt Stefan Lingens wirft dem 17-Jährigen vor, am 11. Juni die 15-jährige Iuliana – genannt Iulia – mit Heimtücke und aus niedrigen Beweggründen durch mehrere Messerstiche in den Oberkörper getötet haben. Das Mädchen habe sich einige Tage vor der Tat von dem Angeklagten getrennt. „Er hat sie – man kann sagen – als seinen Besitz betrachtet und ihr gesagt, entweder du bist mit mir zusammen oder mit keinem. Das war letztlich die Motivation für die Ermordung“, sagte Staatsanwalt Lingens Journalisten unmittelbar vor Beginn des Prozesses. Als der Angeklagte gehört habe, dass das Mädchen einen neuen Freund habe, sei das ihr Todesurteil gewesen. Seine Tat soll er per What’s-App und Facebook angekündigt haben.

Eltern verließen in der Pause den Gerichtssaal

Die Eltern des getöteten Mädchens waren beim Prozessauftakt anwesend. Sie treten als Nebenkläger auf. In der Pause verließen sie den Gerichtssaal.

Die Verteidigerin des Angeklagten las eine fünfseitige Erklärung des Angeklagten vor. Derzufolge hat der 17-Jährige am Tattag und an den Tagen zuvor Kokain konsumiert. Im Casinogarten in Viersen habe er sich mit ihr aussprechen wollen. Weiter heißt es in der Erklärung: „Ich habe Iulia wirklich geliebt.“ In ihrer Beziehung habe er ihr auch Regeln gegeben, mit denen sie einverstanden war. Zum Beispiel, keine Jungs als Freunde haben und keine Schminke zu verwenden. Er sei nicht immer mit ihrem Lebenswandel einverstanden gewesen.

Am Morgen der Tat habe er ein Messer aus der Küche eines ­Freundes eingesteckt. „Wegen ihr, damit sie ein wenig Angst kriegt. Ich wollte, dass sie mit mir spricht.“

Angeklagter kann sich
das nicht erklären

Auf ihrem Handy habe er dann gesehen, dass sie Kontakt zu einem Anderen gehabt habe. Sie habe ihn provoziert, und er habe sie mit dem Messer am Oberschenkel verletzen wollen. Er habe wohl einmal zugestochen, an weitere Stiche erinnere er sich nicht. Er könne sich das nicht erklären, auch wenn er im Streit schon mal davon gesprochen habe, sie mit dem Messer zu töten. „Manchmal sitze ich da und spreche mit ihr und frag sie, was eigentlich passiert ist, dass sie nun tot ist und ich im Knast sitze.“ „Die Einlassungen des Angeklagten haben die Eltern des Opfers sehr enttäuscht. Dieses Zerrbild können sie auf keinen Fall akzeptieren“, sagt der Viersener Anwalt Steffen Hahn, der die Eltern in der Nebenklage vertritt. Der Täter habe kaum etwas zugegeben.

Der Viersener Anwalt Helmuth Jennrich und die Mönchengladbacher Anwältin Marie-Helen Lingnau vertreten den 17-Jährigen vor Gericht. „Er bereut die Tat ganz klar. Es tut ihm seit der ersten Minute Leid“, sagte Marie-Helen Lingnau. Den Verteidigern geht es vor allem um die rechtliche Wertung der Tat. Die Mordmerkmale der Heimtücke und der niedrigen Beweggründe seien zu verneinen, so Jennrich. Sollte das Gericht den Verteidigern folgen, wäre eine Verurteilung wegen ­Totschlags und eine geringere Jugendstrafe möglich. Sollte der 17-Jährige wegen Mordes verurteilt werden, drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft.