Viersen: So bewegend war der Trauermarsch für Iulia
Etwa 350 Viersener haben der erstochenen 15-Jährigen gedacht. Unter Tränen zündeten viele junge Menschen Kerzen an.
Viersen. Einige junge Mädchen halten die Kerzen fest in der Hand. Es ist, als würden sie sich an einen Felsen in der Brandung klammern, während die Welt um sie herum aus den Fugen geraten ist. In gewisser Weise ist sie das auch: Am helllichten Tag ist im Casinogarten am Montag die 15-jährige Iulia R. niedergestochen worden. Vermutlich von ihrem 17-jährigen Ex-Freund, der es nicht ertragen konnte, dass sich Iulia R. von ihm getrennt hatte.
Für 100 Teilnehmer hatte der Privatmann Daniel Bomba den Trauerzug bei der Polizei angemeldet. Gut 350 vor allem junge Leute sind gekommen, um des ermordeten Mädchens zu gedenken, darunter Mitschüler, Bekannte der Familie, aber auch Jugendliche, die es nicht kannten. Die Eltern der Ermordeten nahmen nicht teil am Trauerzug teil. Bomba will ihnen ein Video zusenden.
„Sie war so ein hübsches, nettes Mädchen“, sagt Ömer Gavas, der die Familie persönlich kennt. „Sie ist jetzt auf dem Weg nach Rumänien. Am Montag soll die Beerdigung sein“, sagt Gavas. Ruhig gehen die Trauernden — begleitet von der Polizei und privaten Ordnern — durch die Fußgängerzone. Je näher sie dem Casinogarten kommen, desto ruhiger wird der Zug. Viele Teilnehmer tragen schwarz. Die wenigen Passanten, die noch in der Fußgängerzone unterwegs sind, machen Platz.
Im Casinogarten an der Stelle, an der das Mädchen am Montag blutend zusammengebrochen war, legen alle ihre Kerzen und Blumen nieder. Dann erklingt vom Boule-Platz leise Gitarrenmusik. Der Straßenmusiker Leyliam stimmt dort „Tears in Heaven“ an. Gemeinsam stehen die Menschen im Park an diesem schönen Sommerabend und lauschen, schauen ins Leere — oder weinen.
Die Viersenerin Monique Dais hatte die Idee, den Straßenmusiker zur Gedenkstelle zu holen. „Die Tat ist am helllichten Tag passiert. Das ist unser Zuhause. Da kriegt man schon Angst“, sagt sie. „Die Musik war meine Überraschung“, sagt Organisator Bomba. „So können die Menschen ihrer Trauer freien Lauf lassen. Nur Stille ist auch nicht gut.“
Am Donnerstag hatten Polizei und Staatsanwaltschaft bei einer Pressekonferenz über die Gewalttat informiert. „Es war eine klassische Beziehungstat“, sagte Ermittler Ingo Thiel. Offen ist noch, welche Rolle Freunde und Bekannte des mutmaßlichen Täters bei der Gewalttat gespielt haben. Da der mutmaßliche Täter vor dem Angriff auf das Mädchen eine Sprachnachricht verschickt habe, müssten Freunde von der Tötungsabsicht des 17-Jährigen gewusst haben.
Ein Freund des Tatverdächtigen soll nach dem Mord die Tatwaffe an sich genommen haben. Wir ermitteln zunächst in dem Mordfall“, sagte Staatsanwalt Stefan Lingens. Sollte sich bei der Vernehmung von Zeugen ein Anfangsverdacht für eine Straftat ergeben, würde im Nachgang zu dem Mordfall auch gegen sie ermittelt. Dabei könne es zum Beispiel um Nicht-Anzeige einer geplanten Straftat oder um Strafvereitelung gehen. „Ins Blaue gesprochen wäre eine Strafvereitelung zum Beispiel, wenn jemand eine Tatwaffe verschwinden ließe.“