Meinung Aschermittwoch im Wahlkampfmodus: Kein Wischiwaschi mehr
Sicher, CSU-Chef Horst Seehofer hatte schon mal mehr Schwung und war besser bei Stimme, und SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz muss langsam aufpassen, dass man seiner Lebensgeschichte nicht überdrüssig wird.
Trotzdem war es ein guter Aschermittwoch. Denn jenseits der üblichen politischen Folklore, die nun mal dazu gehört wie die Kamelle zum Rosenmontag, ist jetzt endgültig klar: Der Wahlkampf wird mit einer Polarisierung geführt werden, die nicht mehr nur von rechts kommt.
Sie findet endlich auch wieder zwischen den großen Parteien statt. Kein einschläferndes Wischiwaschi mehr, es wird in den kommenden Monaten hart um Inhalte und das beste Personal gehen. Das ist die Botschaft von Passau und Vilshofen. Und ein bisschen auch von Demmin, wo die Kanzlerin am Mittwochabend aufgetreten ist.
Der anstehende Wahlkampf wird auch aus einem anderen Grund besonders interessant werden. So viele Unwägbarkeiten wie selten zuvor warten in nächster Zeit auf die Parteien und ihre führenden Köpfe. Vielleicht erklärt dies, warum die CDU-Vorsitzende Angela Merkel grundsätzlich die Strategie des Abwartens bevorzugt, statt schon jetzt vollends in die Auseinandersetzung mit ihrem SPD-Herausforderer Schulz einzusteigen, wie es einige ihrer Parteifreunde fordern. Demnächst wird in den Niederlanden und in Frankreich gewählt. Setzen sich dort die Rechtsnationalen durch, wird das Auswirkungen auf Deutschland und Europa als Ganzes haben. Dann ist wieder die Krisenmanagerin im Kanzleramt gefordert, und Schulz kann nicht mehr machen, als besorgt zu mahnen. Merkel weiß das. Eurokrise, Brexit, transatlantische Beziehungen, alles Themen, die ebenfalls noch anstehen und bei denen vor allem Merkel punkten kann.
Mehr Risiken bergen für sie hingegen die anstehenden Landtagswahlen. Den Auftakt macht Ende März das kleine, aber diesmal sehr wichtige Saarland. Verliert die CDU dort ihre Ministerpräsidentin, wäre dies auch ein herber Rückschlag für die Kanzlerin. Statt auf sowieso schon bescheidene vier, käme die CDU dann nur noch auf drei Regierungschefs in den Bundesländern. Die Debatte darüber, welche Schuld Merkel trägt und ob sie tatsächlich noch die richtige Kandidatin für den Bund ist, würde neu entflammen. Und wenn die SPD an der Saar den Schulz-Schwung in deutliche Stimmengewinne umsetzen kann, wäre der Auftakt der Genossen ins Bundestagswahljahr perfekt. Bleibt umgekehrt alles beim Alten im Saarland, gäbe es für den Herausforderer einen ersten Dämpfer.
Im Mai dann der Urnengang in Schleswig-Holstein und anschließend der noch wichtigere in Nordrhein-Westfalen. Eine kleine Bundestagswahl. Spätestens danach wissen alle Parteien, wo sie sich in der Wählergunst ungefähr verorten können. Eine Vorentscheidung ist das NRW-Ergebnis zwangsläufig zwar nicht — aber doch ein deutlicher Fingerzeig in einem besonders spannenden und unkalkulierbaren Wahljahr.