Assange ist zurück im Scheinwerferlicht
Der Wikileaks-Gründer meldet sich wieder zu Wort
Aufklärung ist Ärgernis, schrieb der im April gestorbene Schriftsteller und Kirchenkritiker Karlheinz Deschner einmal. Er lieferte die Begründung für das Ungemach gleich hinterher: Wer die Welt erhellt, macht ihren Dreck deutlicher. Er könnte dabei Menschen wie den Wikileaks-Gründer Julian Assange im Kopf gehabt haben, der am Montag in bekannt öffentlichkeitswirksamer Manier angekündigt hat, sein Exil in der Londoner Botschaft Ecuadors bald verlassen zu wollen.
Deschners Aphorismus ist wie gemacht für Assange, den Aufklärer und Erheller, der mit seiner Enthüllungsplattform so viel Dreck in den dunklen Ecken der Welt beleuchtete wie kaum jemand vor ihm. Ohne ihn hätte Chelsea Manning, die wegen Verrats und Spionage zu 35 Jahren Haft verurteilte Soldatin, die bis zum vorigen Jahr noch Bradley hieß, vermutlich nicht den Mut gefunden, die Öffentlichkeit über US-amerikanische Kriegsverbrechen im Irak aufzuklären. Ob es ohne das Vorbild Julian Assanges einen Whistleblower namens Edward Snowden geben würde, darf bezweifelt werden.
Allerdings gibt es auch kaum einen Helden, zu dem Assange ohne weiteres hätte werden können, der sich selbst so demontiert hat wie der Australier. Nicht nur wegen seiner Flucht vor den schwedischen Behörden — die ihn wohl nicht automatisch in die USA ausliefern würden, wie Assange fürchtet —, sondern vor allem durch sein egozentrisches Wesen, das fast alle prominenten Mitstreiter von Wikileaks verschreckt und das wichtige und notwendige Projekt an die Grenze des Scheiterns getrieben hat.
Wann und vor allem wie Assange die Botschaft verlassen will, sagt er trotz vieler Worte nicht. Dass er einfach aus dem Haus spaziert, weil ihm die britische Regierung freies Geleit garantiert, ist unwahrscheinlich. Möglicherweise gibt es einen Deal zwischen allen Beteiligten, möglicherweise haben die Wikileaks-Anwälte auch ein juristisches Schlupfloch entdeckt, das ihm die Ausreise nach Ecuador ermöglicht. Vielleicht ging es Julian Assange am Montag aber auch nur darum, seinen zwei Jahre andauernden Zwangsaufenthalt in London einmal mehr zum Thema zu machen. Gelungen ist ihm das zweifellos. Aber: Auch heiße Luft ist Ärgernis.