Dashcams: Wie viel Überwachung wollen wir noch?

Die Kamera an der Windschutzscheibe und der Datenschutz

Ein Kommentar von Peter Kurz.

Foto: Young David (DY)

Die hinter der sogenannten Dashcam stehende Idee ist bestechend: Permanent wird das Verkehrsgeschehen mit der an der Windschutzscheibe installierten Kamera aufgezeichnet. Das so gesicherte Beweismaterial dient dem Fahrer dazu, nach einem Unfall seine Unschuld zu beweisen.

Im vergangenen Jahr hat das Amtsgericht München entschieden, dass solche Aufnahmen tatsächlich als Beweis verwertet werden können. Es ging zwar um eine von einem Radfahrer mit einer Helmkamera gemachte Aufnahme, doch der Fall ist vergleichbar. Und es stimmt ja auch: Es kann für einen Verkehrsteilnehmer in Beweisnot eine gute Sache sein, wenn er den Unfallhergang detailliert belegen kann. Dumm nur, wenn die Bilder seine eigene Schuld belegen . . .

Doch in diesem erstinstanzlichen Urteil blieben sehr grundsätzliche Fragen unbeantwortet. Fragen, die das Verwaltungsgericht Ansbach — freilich auch nur eine untere Justizinstanz — gestern zugunsten von mehr Datenschutz beantwortete. Danach können solche Dashcams aus Datenschutzgründen bedenklich sein.

Unabhängig davon, wie die Berufungsinstanz über diesen Fall entscheidet, ist auch der Gesetzgeber gefordert, hier Grenzen zu ziehen. Die Dashcam zeichnet schließlich nicht nur ständig den Verkehr auf, sondern nimmt auch alle Personen ins Visier, die sich in der Nähe der rollenden Kamera aufhalten. Diese Menschen erfahren nichts über die Aufnahme.

Welch ein Aufschrei würde durchs Land gehen, wenn die Polizei sich so etwas anmaßte! Und Privatleuten soll ein solches Verhalten erlaubt sein? Mit allen Risiken, allen voran dieses: dass die Bilder der so Gefilmten jederzeit im Internet auftauchen können, wenn sie nur bloßstellend genug sind, um dem Massengeschmack über das zu entsprechen, was für lustig gehalten wird.

Im öffentlichen Raum sollten wir uns frei bewegen können. Dieses gesellschaftliche Idealbild hat längst Risse bekommen — durch Zehntausende Kameraaugen, die uns täglich in Bussen, Bahnen, an Bahnhöfen oder in Geschäften verfolgen. Die Zahl der Objektive sollte nicht nochmals vervielfacht werden — um des Vorteils willen, einen Beweis zu haben nach einem Unfall, in den jeder von uns doch nur höchst selten verwickelt wird.