Meinung Bafög: Ziel (vorerst) verfehlt

Weniger Schüler und Studierende erhalten Bafög. Ein Trend, der seit 2013 anhält. Sätze, die erst beim genaueren Betrachten ihre ganze Wirkung entfalten. Je nachdem, wie man sie sehen will. Für die Bildungsministerin ist er Ausdruck des Wohlstands, weil dahinter steigende Löhne und sinkende Arbeitslosigkeit stecken.

Foto: Sergej Lepke

Ein Grund zur Freude — für Land, Leute und Bundesregierung.

In der Tat haben in den vergangenen Jahren immer mehr Empfänger die Grenzbeträge überschritten, ab denen weniger oder gar kein Bafög gezahlt wird. Man kann schon ahnen, dass diejenigen, die nur knapp darüber liegen, wenig Freude über die ausbleibende Förderung haben. Denn die Ausgaben für Wohnung und Lebensunterhalt sind ungemindert hoch.

Wie es eben auch andere Ansichten gibt. Das Studierendenwerk findet das Haar in der Suppe und nennt andere Gründe für den Rückgang. Da ist die Angst vor Überschuldung, die durch immer wieder aufkommende Diskussionen über Studiengebühren noch angeheizt wird. Und da sind bürokratische Hürden, die gerade jenen Probleme bereiten, die eigentlich mit Hilfe des Bafögs zum Studieren gebracht werden sollen: Kinder aus Familien mit niedrigem Einkommen.

Das Verrückteste aber ist, dass das Bafög-Gesetz erst 2016 reformiert wurde — mit der ersten Anhebung der Sätze seit 2010 und der Erhöhung der Elternfreibeträge. Und mit dem Ziel, mehr Förderung zu erreichen. Diese klare Zielverfehlung sieht die Ministerin freilich nicht. Für sie braucht die Reform eben noch Zeit, um Wirkung zu entfalten. Außerdem sei die Zahl zwar gesunken, aber geringer als in den Jahren davor.

Zwar besteht in der Tat für Alarmstimmung kein Anlass und kann sich das Land über steigende Studierendenzahlen freuen, aber die sinkenden Zahlen der Bafög-Empfänger raten doch dazu, die Reform der Reform anzugehen. Wahl hin oder her.