Bahn-Streiks: Profilierung auf dem Rücken der Kunden
Die Lokführer-Gewerkschaft ist auf einem gefährlichen Kurs
Für die ohnehin gebeutelten Bahn-Kunden ist es eine Hiobsbotschaft: Die Lokführer wollen unbefristet die Arbeit niederlegen. Und weil sich ihre Gewerkschaft GDL gerne als harter Knochen präsentiert, machte sie auch gleich klar, was die Verbraucher in dieser Woche erwartet: „massive“ Streiks.
Da fühlen sich nicht wenige an den Arbeitskampf von 2007/2008 erinnert, als die kleine GDL monatelang die Schlagzeilen beherrschte und mit tagelangen Streiks Nah-, Fern- und Güterverkehr lahmlegte. Am Ende erstritt sie ein sattes Gehaltsplus für die Lokführer. Schon damals ging es der GDL aber nicht allein um die Gehaltserhöhung, sondern um ihre Profilierung — auf dem Rücken der Bahn-Kunden.
Auch im aktuellen Fall drängt sich dieser Eindruck auf. Diesmal geht es nicht einfach um Lohnerhöhungen, sondern um einen einheitlichen Tarifvertrag für alle Lokführer — egal, ob sie bei der Deutschen Bahn oder bei einem privaten Konkurrenten arbeiten. Ein hehres und legitimes Anliegen, schließlich verdienen Lokführer bei den privaten Bahnen bisher deutlich weniger.
Doch das allein ist es nicht, was die GDL in diesem Fall antreibt. Sie erhebt den Anspruch, für alle Lokführer zu sprechen — sogar für die, die in der rivalisierenden Gewerkschaft EVG organisiert sind. Dabei hat sich die EVG längst mit den privaten Bahnen auf einen neuen Tarifvertrag im Nahverkehr geeinigt — mit Mindeststandards für die Branche. Doch diesen erkennt die GDL nicht an.
Ausgehandelt hatte die Einigung übrigens der SPD-Politiker Peter Struck. Sein Angebot, auch als Schlichter im aktuellen Konflikt aufzutreten, lehnte GDL-Chef Weselsky brüsk ab. Er will noch mehr erreichen als die EVG — ohne Rücksicht auf Verluste.
Das Verständnis der Bevölkerung für solche Machtspiele dürfte sich sehr in Grenzen halten. Die Kunden gar zum Spielball ihrer Interessen zu machen, könnte für die GDL gefährlich werden. Wenn frustrierte Pendler der Bahn dauerhaft den Rücken kehren, schlägt dies auch auf die Bahn-Mitarbeiter durch. Statt „massive“ Streiks zu organisieren, sollte die Gewerkschaft schleunigst an den Verhandlungstisch zurückkehren und einer Schlichtung zustimmen — wenn es ihr wirklich um die Sache der Lokführer geht.