Meinung Berechtigte Kritik an der Hygiene-Ampel
Es ist wie immer bei neuen Gesetzen, die noch dazu Premiere feiern, weil bundesweit nichts Vergleichbares auf dem Markt ist: Jene, die dem Gesetz nach künftig liefern müssen, laufen Sturm, weil sie befürchten müssen, den Anforderungen nicht gerecht werden zu können — es fehlen die Erfahrungswerte, niemand sieht grün, alle aber irgendwie rot.
Einiges von dem, was die Bäcker an der Hygiene-Ampel kritisieren, ist durchaus bedenkenswert. Beispiele sind etwa wenig konkrete Anforderungen: „Die baulichen Gegebenheiten müssen so beschaffen sein, dass die gesetzlichen Anforderungen erfüllt werden und ein umfassender Schutz vor Kontamination gewährleistet ist“— bei Verstoß drohen fünf Minuspunkte. Oder: „Sorgfältiges Händewaschen und -trocknen nach Toilettengang“ — wieder sind bis zu fünf Minuspunkte möglich. Wer will das objektiv kontrollieren?
Auch die Bäcker, die anders als das Gaststättengewerbe überdurchschnittlich beanstandungsfrei arbeiten, müssen genau in den Blick genommen, aber auch vor Willkür geschützt werden. Objektive Überprüfbarkeit muss das wichtigste Kriterium sein, wo Menschen richten. Und man darf als Betriebsinhaber schon mal nervös werden, wenn in der kleinen Bäckereifiliale eine einzige Verkäuferin hinter dem Tresen steht und angesichts der vielen Kunden ihrer aufwendigen Berichtspflicht über Hygienemaßnahmen mal unzureichend nachkommt. Dann kann der Laden zwar trotzdem sauber sein — die Hygiene-Ampel zeigt aber unter Umständen schon nicht mehr auf grün.
Insofern ist die Botschaft angebracht: Wer als Minister ein gutes Verbraucher-System für alle etablieren will, das die wirklich Schwarzen Schafe aussortieren und jener von der Vorgänger-Regierung gewollten Freiwilligkeit (520 von 93 000 Betrieben beteiligten sich seinerzeit an der Smiley-Aktion) etwas Beständiges entgegen setzen will, der muss die Weißen Schafe auf seinem Weg mitnehmen. Und sich nicht scheuen, ein Gesetz rechtzeitig zu verändern, wenn es nötig ist. Dann ist die Chance groß, dass die Ampel ein ausgereiftes Projekt wird, mit dem Remmel im Bund werben kann.
Weil alle profitieren: Betriebe, die die Ampel als Auszeichnung sehen können, Mitarbeiter mit gut organisierten Arbeitsabläufen und Kunden, die vor ihrer Konsumentscheidung Transparenz genießen. Auch, um dann die wirklichen Sünder aussortieren zu können.