Gutes Gewissen trotz Fliegen Kompensationsagenturen als Ablasshandel für Gutverdiener - Ganz falsch ist der Vorwurf nicht

Meinung | Düsseldorf · Jede Woche starten in Deutschland 5325 Billigflieger. Das sind zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Zugleich sind die Ticket-Preise gefallen: Je nach Airline liegen sie bei 50 bis 106 Euro pro Strecke. Diese Zahlen stammen nicht von Anti-Flugverkehr-Aktivisten, sondern vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt.

Rolf Eckers

Foto: Sergej Lepke

Da mag das Thema Klimawandel die Menschen hierzulande noch so sehr umtreiben, bei der Fliegerei hört der Konsumverzicht auf. Übers Wochenende mal eben nach München oder Mallorca fliegen – es kostet ja so gut wie nichts. Dies liegt auch daran, dass Kerosin anders als Benzin und Diesel nicht versteuert wird. Politische Mehrheiten, das zu ändern, sind nicht zu sehen. Eine internationale Kerosinsteuer ist so wahrscheinlich wie eine Reise von Menschen zum Mars – gleich Null.     

Kein Verkehrsträger belastet das Klima wie Flugreisen. Ein Transatlantikflug nach New York und zurück verursacht je Person so viel CO2 wie ein durchschnittlicher Autofahrer im Jahr. Dass immer mehr Leute dabei ein schlechtes Gewissen haben, zeigen die Zahlen von Atmosfair, Myclimate & Co. Die Bereitschaft der Bundesbürger wächst, für klimaschädliches Verhalten einen Ausgleich zu bezahlen. Das Prinzip der Kompensation beruht auf dem Gedanken, dass es fürs Klima nicht entscheidend ist, an welcher Stelle Treibhausgase ausgestoßen oder vermieden werden. Daher lassen sich Emissionen, die an einer Stelle verursacht wurden, auch durch eine Einsparung an einer anderen, weit entfernten Stelle ausgleichen. Die Kosten sind aus Sicht eines deutschen Urlaubers relativ gering, weil sich in Entwicklungs- und Schwellenländern mit wenig finanziellem Aufwand sehr viel CO2 vermeiden lässt. Für den Hin- und Rückflug einer vierköpfigen Familie von Düsseldorf nach Mallorca beträgt die Kompensation zum Beispiel 63 Euro.

Kritiker sprechen von einem Ablasshandel für Gutverdiener. Das grün angehauchte Bürgertum könne auf diese Weise sein schlechtes Gewissen beruhigen und trotzdem ohne Verzicht weiter Spaß haben. Ganz falsch ist der Vorwurf nicht. Trotzdem sind die Kompensationszahlungen ein Weg, zumindest einen Teil jener Kosten zu übernehmen, die ein Flug verursacht. Seriöse Studien rechnen damit, dass jede Tonne CO2 zu einem Ausgleich von etwa 370 Euro führen müsste. Wer so verfährt, müsste auf jedes Mallorca-Ticket mehr als 200 Euro draufschlagen. Dazu ist fast niemand bereit. Dagegen stoßen die Angebote der Kompensationsagenturen auf eine zunehmende Akzeptanz. Immerhin, quasi als zweitbeste Lösung. Noch besser für die Umwelt wäre es allerdings, überhaupt nicht zu fliegen.